Die lange Geschichte der Pendlerpauschale

By | 9. Dezember 2008

Die Abschaffung der Pendlerpauschale ab dem ersten Kilometer auf dem Weg zur Arbeit verstößt gegen das Grundgesetz. Das hat das Bundesverfassungsgericht in Karlsruhe entschieden und damit die seit 2007 geltende Neuregelung verworfen. Selten wurde ein Urteil mit so viel Spannung erwartet, wie dieses. Und selten sorgte ein Richterspruch für ein vergleichbares Rauschen im (virtuellen) „Blätterwald“. Doch seit wann gibt es für Berufstätige in Deutschland eigentlich schon eine Pendlerpauschale? – Wer auf der Suche nach „Small Talk-Munition ist“, sollte hier weiter lesen…
Autos auf Autobahn
Die Wurzeln der Entfernungspauschale reichen zurück bis in die Anfänge des 20. Jahrhunderts. Noch 1906 waren Aufwendungen für den Arbeitsweg in den preußischen Einkommensteuergesetzen nicht als Werbungskosten anerkannt. Und das, obwohl es zu um die Jahrhundertwende 1900 bereits anders lautende Gerichtsurteile zu der Thematik gab. So hatte sich beispielsweise bereits das Preußische Oberverwaltungsgericht zu Gunsten einer Pendlerpauschale ausgesprochen, denn „wenn der Erwerbende sich nicht zu seiner Arbeitsstelle begibt, so verdient er auch nichts“
Das änderte sich erst mit der Reichsvereinheitlichung der Einkommensteuer von 1920: Fahrten zum Arbeitsplatz waren nun als „notwendige Kosten“ zum Abzug zugelassen. Allerdings beschränkte sich diese Regelung noch ausschließlich auf Fahrscheine für öffentliche Verkehrsmittel. Diese Einschränkung wurde erst 1955 angesichts der zunehmenden Motorisierung durch ein Urteil des Bundesfinanzhofs aufgehoben. In der Folge wurden in der Bundesrepublik Kilometerpauschalen eingeführt: 50 Pfennig pro Kilometer für Kraftfahrzeuge, 22 Pfennig für Motorräder und -roller sowie 12 Pfennig für motorisierte Fahrräder. Die Anrechnung der Fahrtkosten wurde jedoch auf höchstens 40 Kilometer beschränkt.


Mitte der 1960er Jahre wurde das Entfernungsgeld für motorisierte Fahrräder wieder gestrichen. Gleichzeitig kürzte man den Betrag für Autos und Motorräder/-roller auf 36 bzw. 16 Pfennig. 1971 fiel die 40-Kilometer-Grenze für Pkws und Zweiräder. In den folgenden Jahrzehnten stieg die Pauschale dann bis auf 70 Pfennig (2001) an. Dabei wurde jedoch weiterhin nach Art der benutzten Verkehrsmittel unterschieden: Bei Fahrten mit Bus oder Bahn mussten die tatsächlich entstandenen Kosten aufgelistet werden.
Erst im Herbst 2000 beschloss die damalige rot-grüne Bundesregierung die Pendlerpauschale künftig verkehrsmittelunabhängig zu zahlen. Ab 2001 war danach egal, ob man zu Fuß, mit dem Rad, den öffentlichen Verkehrsmitteln oder dem Auto zur Arbeit kam. Für alles konnte der gleiche Betrag pro Kilometer steuerlich geltend gemacht werden. Nach anfänglich 36 Cent für die ersten zehn Kilometer und 40 Cent für jeden weiteren, wurde ab 2004 jeder Entfernungskilometer einheitlich mit 0,30 Cent verrechnet.
Mit Beginn des Jahres 2007 wurden Fahrten zur Arbeit unter Bezugnahme auf das „Werkstorprinzip“ nicht länger als Werbungskosten anerkannt. Lediglich in „Härtefällen“ – d.h. bei Pendlern mit einem besonders weiten täglichen Arbeitsweg – sollten die Kosten für Entfernungen über 20 Kilometer hinaus, „wie Werbungskosten“ anrechenbar sein. Diese Regelung wurde durch nun durch das Urteil des Bundesverfassungsgericht gestoppt. Rückwirkend zum 1. Januar 2007 gilt nun vorerst wieder die alte Regelung zur Pendlerpauschale, wonach bereits ab dem 1. Kilometer 30 Cent pro Kilometer von der Steuer abgesetzt werden können.
Mehr zum aktuellen Urteil:
So kriegen Sie Ihr Kilometergeld wieder (Spiegel Online)
Die alte Pendlerpauschale kehrt zurück – vorerst (WELT Online)
Bundesverfassungsgericht: Kürzung der Pendlerpauschale ist verfassungswidrig (ZEIT Online)

Mit Quellen von:
Geschichte der Pendlerpauschale (pendlerrechner.de)
Fragwürdige „Zersiedlungsprämie“ (Berliner Zeitung)
Der Weg zur Arbeit und die Last der Steuern (Deutschlandfunk)
wikipedia (Entfernungspauschale)
Bild: Ge.Ko2
(ENDE) geschichtspuls/09.12.2008/mar