„Der Krenz hat ja nun wirklich nicht alle Tassen im Schrank, sich vor einem bürgerlichen Gericht auszukotzen…“ – So einen unverstellten Blick auf das private Leben und die Ansichten des ehemaligen DDR-Staats- und Parteichefs Erich Honecker und seiner Frau Margot bietet derzeit das Bonner „Haus der Geschichte“ (HdG). Hierzu zeigt es beispielsweise 20 Briefe aus dem Jahr 1991, die die Art des Ehepaares bezeugen, mit der politischen und persönlichen Krise umzugehen. In ihnen beschimpft Margot Honecker die Genossen, von denen sie sich verraten fühlte (unter ihnen eben auch der kurzzeitige SED-Generalsekretär und Staatsratsvorsitzender Egon Krenz).
Die Dokumente stammen aus zwei kleinen Koffern, die das Paar 1990 vor ihrer Flucht nach Moskau bei Verwandten in Berlin deponierten. Später gelangte das Material in die Hände des Magazins »FOCUS«, das die rund 300 Fotos und persönliche Unterlagen nun dem HdG übergeben hat. Die offenbar in Hast zusammengerafften Original-Unterlagen, privaten Fotos und Briefe gewähren nach Aussagen des HdG einen authentischen Einblick in das Leben und Denken des Diktators und seiner Frau. Ausgewählte Stücke werden noch bis zum 14. März 2008 im Informationszentrum des Museums zu sehen sein.
Sie zeigen beispielsweise, dass sich Margot und Erich im Juli 1991 noch recht optimistisch gaben: „Ein bisschen wollen wir doch noch abhaben von diesem verdammt schönen Leben, oder?“. In einem Brief an seinen Schwager Manfred Feist rechtfertigt sich der entmachtete Diktator am 29. November 1991: „Schließlich ist doch die DDR nicht wegen ‚unserer Fehler’ untergegangen.“ Und auf dem Exemplar seines Haftbefehls vom 2. Dezember 1991 – in dem er angeklagt wird, 1961 den „Schusswaffeneinsatz gegen Grenzverletzer“ angeordnet zu haben – notierte er beispielsweise ein knappes „Stimmt nicht!“
Das politische Leben der Honeckers dokumentieren Aufnahmen vom Aufstieg in der Partei und Urkunden aus ihrer politischen Karriere, zum Beispiel die Berufungsurkunde für Margot Honecker zur Ministerin für Volksbildung 1963 sowie Zeugniskopien aus Erich Honeckers Zeit auf der Lenin-Schule 1930/31 in Moskau. Zudem finden sich private Fotos aus dem Familienleben von Margot und Erich Honecker, darunter auch ein Fotoalbum mit Honeckers geliebtem Jagdhund „Flex“. In der DDR war die öffentliche Darstellung des Privatlebens des SED-Machthabers und seiner Familie tabu.
„Die Materialien ergänzen die Sammlungen der Stiftung in einem thematisch wichtigen Aufgabenfeld. Sie helfen, das Machtgefüge der DDR in unseren Museen in Bonn und Leipzig ausführlicher darzustellen“, erläutert der Bonner Museumsdirektor Prof. Dr. Hans Walter Hütter die Bedeutung der Unterlagen.
Öffnungszeiten Informationszentrum:
Dienstag – Sonntag, 10:00 – 18:00 Uhr (Eintritt frei)
Quelle: Haus der Geschichte, Märkische Allgemeine vom 15. Februar 2008
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