Römisches Kriegsschiff auf der Mosel

By | 24. Juni 2009

Zu Zeiten des Kaisers Augustus drangen römische Truppen bis tief nach Germanien vor. Unterstützt wurde die Invasion Richtung Norden von Flotten an Transport- und Kriegsschiffen auf den Strömen und Flüssen. Nachdem zum Ende der Antike die letzten römischen Kriegsschiffe die Mosel befuhren ist es Jahrhunderte später wieder soweit: Am kommenden Wochenende, 26. bis 28. Juni 2009, kommt das rekonstruierte Kriegsschiff „Victoria“ im Rahmen der Ausstellung „Imperium Konflikt Mythos. 2000 Jahre Varus-Schlacht“ nach Trier. Vom Bootssteg der Rudergesellschaft Trier 1883 e.V. lädt sie zu Fahrten auf der Mosel ein.

Am Sonntag trifft dann die „Victoria“ mit dem Handelsschiff „Stella Noviomagi“ (Neumagener Weinschiff), auf der Mosel bei Neumagen zusammen. Die beiden römischen Schiffe bieten am Nachmittag die Möglichkeit, auf der Mosel auf Höhe des Weinschiffhafens mitzufahren bzw. mitzurudern. Am Montag, 29. Juni 2009, kehrt die „Victoria“ dann von Neumagen zurück nach Trier, wo sie im Hafen wieder aus dem Wasser gehoben und zur Ausstellung transportiert wird.
Hintergrund: Die Kriegsschiffe der Römer
1994 beschäftigte eine sensationelle Schiffsausgrabung bei Ingolstadt die Forschung: Die zwei antiken Schiffswracks, die bereits 1986 im Bereich der Anlegestelle des römischen Kastells von Oberstimm entdeckt worden sind, waren fast in ganzer Länge und an den Bordwänden teilweise sogar bis auf Höhe der Dollen für die Riemen der Ruderer erhalten. Im Römisch-Germanischen Zentralmuseum Mainz (RGZM) wurden die Schiffsfunde bis 2005 konserviert und können seit Frühjahr 2006 im Kelten-Römer-Museum Manching besichtigt werden.
Möchte man zu den römischen Flotten genaueres wissen, ist man nicht zuletzt auf die so genannte Experimentelle Archäologie angewiesen. Die Schiffsfunde aus Oberstimm bei Ingolstadt bildeten die Basis einer Rekonstruktion in Originalgröße, mehrwöchige Testfahrten mit diversen Crews aus Studenten und Offizieren der Bundeswehr lieferten richtungweisende Ergebnisse für die Effizienz und die Bedeutung der Binnenflotten in der römischen Kaiserzeit, speziell im Hinblick auf das historische Geschehen rund um die Varusschlacht, die sich in diesem Herbst zum 2.000sten Mal jährt. (Links zur Varusschlacht unter anderem hier: GEO Epoche: Die Germanen)
Spitzengeschwindigkeiten von 6 bis 7,4 Knoten
Bei dem rekonstruierten Fahrzeug handelt es sich zweifelsfrei um ein Militärschiff mit einer Reihe von Riemen auf jeder Seite. Bei einer Länge von etwa 16 Metern wurde dieses Schiff von 18 bis 20 Ruderern angetrieben, bei günstigem Wind konnte ein Segel gesetzt werden. Die Nut- und Federbauweise war bereits aus dem Mittelmeerraum bekannt. Völlig offen war jedoch bislang die Frage nach dem Leistungsvermögen derartiger Schiffe. Nach umfangreichen Testfahrten wird nun von Spitzengeschwindigkeiten bei 6 Knoten (11,1 km/h) unter Riemen und 7,4 Knoten (13,7 km/h) unter Segel ausgegangen. Wenden aus der Marschfahrt heraus in weniger als 30 Sekunden und ein erstaunlich effizientes Segel erhärteten den Eindruck, dass man es bei dem Militärschifftyp von Oberstimm mit einem echten High-Tech-Produkt der Antike zu tun hat, das auch zu einem Gutteil unter Segel auf den Strömen des alten Germanien eingesetzt werden konnte.
Bezug zur Varusschlacht und zur Ausstellung „Imperium Konflikt Mythos“
Angesichts der Anklänge an eine mediterrane Bauweise passt der Schiffstyp durchaus auch in den Kontext der augustus- und tiberiuszeitlichen Feldzüge. Dabei verkehrten die Schiffe nicht nur auf den großen Strömen Rhein und Donau, sondern auch auf den Nebenflüssen, die tief nach Germanien hinein führten und klassische Einfallsrouten darstellten. So wurden an der Lippe, im Römerlager bei Haltern am See, acht Schiffshäuser gefunden, die in ihren Abmaßen ausgezeichnet zu dem rekonstruierten Schiffstyp passen. Von daher liegt der enge Zusammenhang zwischen dem frühen Schiffstyp von Oberstimm und Haltern als Truppen- und Marinestandort, der im Umfeld der Varuskatastrophe eine herausragende Rolle spielte, auf der Hand. Für die Museen in Haltern, Kalkriese und Detmold war es daher fast schon eine Notwendigkeit, die Schiffsrekonstruktion der „Victoria“ als zentralen Bestandteil für ihre gemeinsame Ausstellung „Imperium Konflikt Mythos. 2000 Jahre Varusschlacht“ aufzunehmen.
Die Ausstellung im Internet: www.imperium-konflikt-mythos.de. Mehr zu den römischen Militärschiffen in Oberstimm gibt’s beim Kelten-Römer-Museum Manching.

Quelle: Universität Trier
(ENDE) geschichtspuls/24.06.2009/mar