Geliebt, gelobt, umstritten, kritisiert, gefürchtet oder verachtet – wohl keine andere deutsche Zeitung polarisiert die deutsche Bevölkerung wie die BILD. Dieses Jahr feiert das Boulevardblatt runden Geburtstag: Vor 60 Jahren, am 24. Juni 1952, erschien die erste Ausgabe. Ihre Form der Berichterstattung – die sich laut Verleger Axel Springer an „die Masse, nicht den Intellektuellen“ richtet – ist bis heute Gegenstand zahlreicher öffentlicher Diskussionen und Kritik.
Die erste Ausgabe der BILD-Zeitung – mit der ersten Schlagzeile „Grenze bei Helmstedt wird gesichert!“ – erschien mit einer Gesamtauflage von 455.000 Exemplaren und wurde kostenlos verteilt. Danach kostete das Blatt zehn Pfennig (und wurde daher auch als „Groschenblatt“ bezeichnet). Zur Startmannschaft der BILD gehörten zehn Redakteure und zwei Sekretärinnen.
Bilder als „gedruckte Antwort auf das Fernsehen“
Die anfänglich nur aus vier Seiten bestehende Zeitung präsentierte auf Titel- und Rückseite – ganz im Sinne ihres Namens – fast nur großformatige Bilder des aktuellen Weltgeschehens, ergänzt um erklärende Bildunterschriften und einige Comic-Strips. Im Innenteil dominierten kurze Meldungen, Kurzgeschichten, Preisausschreiben sowie Horoskope. Mit dieser Form der Berichterstattung wollte der Hamburger Verleger Axel Springer (geb. 2. Mai 1912, gest. 22. September 1985) eine „gedruckte Antwort auf das Fernsehen“ liefern und „die Herzen der Menschen erreichen“. Inspirieren ließ er sich dabei von den britischen Boulevardzeitungen, die er während der britischen Besatzungszeit nach Ende des Zweiten Weltkriegs in Hamburg kennengelernt hatte.
Zum 1. November 1952 wurde Rudolf Michael zweiter Chefredakteur der BILD. Unter seiner Regie nahm der Bilderanteil im Blatt ab. Stattdessen nahm die Bedeutung von Textartikeln zu. Als „verbaler“ Blickfang dafür wurde in dieser Zeit auch die Schlagzeile eingeführt. Mit diesen Änderungen traf Michael offenbar den Geschmack der Leserschaft. Nachdem die tägliche Auflage der BILD zwischenzeitlich auf 200.000 Exemplare gefallen war, stieg sie in den ersten Monaten 1953 auf über eine Million an. Bestärkt durch diesen Erfolg erschien am 11. April 1953 erstmals eine gesonderte Regionalausgabe für Hamburg. Bereits gut vier Jahre später, am 14. Oktober 1957, folgte die BILD-Berlin.
Ausgewählte BILD-Titelseiten aus sechs Jahrzehnten
1. Titelseite vom 24. Juni 1952 |
Mauerbau 1961 (16. August 1961) |
Mauerfall 1989 (11. November 1989) |
Anschlag auf das World Trade Center 2001 (12. September 2001) |
„Wir sind Papst“ (20. April 2005) |
Unruhige Jahre
Die 1960er und 1970er Jahre sind zwei turbulente Jahrzehnte für die stark polarisierende BILD-Zeitung und den Axel-Springer-Verlag. Für erste Aufregung sorgte eine Mitte 1967 von der Bundesregierung eingesetzte Pressekommission des Bundeskartellamtes. Diese befand, dass die Springersche Machtkonzentration im Pressebereich die Pressevielfalt und Pressefreiheit bedroht, und das insbesondere im Zeitungsbereich. In der Folge stieß der Springer-Konzern nach dem Urteil 1968 fünf Zeitschriften ab.
Die 1960er Jahre waren zudem geprägt vom Erstarken einer studentischen Protestbewegung. Die Jugendlichen demonstrieren gegen den Schah von Persien, den Vietnam-Krieg sowie die politischen Strukturen im eigenen Land. Von BILD wurden die Demonstranten als „Radaumacher“ und „Krawall-Studenten“ kritisiert, was den Springer-Verlag schnell zum Feindbild der Protestbewegung machte. Als kurz vor Ostern 1968 Studentenführer Rudi Dutschke angeschossen wurde, gaben viele der BILD eine Mitschuld an der aufgeheizten Atmosphäre („Bild schoss mit“). Vor dem Berliner Verlagshaus kam es zu schweren Ausschreitungen. Die Springer-Druckereien wurden belagert, BILD-Lieferfahrzeuge in Brand gesteckt und auch die Redaktionsräume von BILD-München verwüstet. Am 19. Mai 1972 verübte zudem die Rote Armee Fraktion einen Bombenanschlag auf das Hamburger Springer-Haus.
Wallraff schildert BILD-Methoden
1977 sorgte schließlich der Enthüllungsjournalist Günter Wallraff für neue Aufregung rund um die BILD-Zeitung. Unter dem Pseudonym Hans Esser hatte er drei Monate in der Lokalredaktion von BILD Hannover gearbeitet. In seinem anschließend veröffentlichten Buch „Der Aufmacher“ prangerte er die unsauberen Arbeitsmethoden bei der BILD-Zeitung an und sorgte so für einen der größten Presseskandale der Bundesrepublik. Die positive Entwicklung des Boulevardblattes konnte er damit jedoch nicht stoppen. Die Auflage wuchs noch 1977 auf über 4,8 Millionen Exemplare. 1982 durchbrach die Auflagenhöhe dann sogar die 5-Millionen-Grenze.
Markenerweiterung & Merchandising
Unter dem Schirm (und mit der Marketing-Power) der Tageszeitung hat der Axel-Springer-Verlag die Marke BILD innerhalb des Zeitschriftenmarktes auch für zahlreiche andere Themen etabliert. Nach der bereits 1956 eingeführten „BILD am Sonntag“ entstanden vor allem in den 1980er Jahren verschiedene weitere Ableger. Dazu zählen unter anderem „BILD der Frau“ (1983), „Auto BILD“ (1986) und „Sport BILD“ (1988). 1996 folgte „Computer BILD“, 1999 „Computer BILD Spiele“ und 2003 „Auto Video Foto BILD“.
Ebenfalls 1996 startete im Zuge der Digitalisierung der Online-Ableger „bild.de“. Ihm folgten rasch weitere Internetauftritte für die verschiedenen Zeitschriften, so unter anderem 1999 „computerbild.de“ und 2001 „autobild.de“.
1998 begann der Axel-Springer-Konzern zudem mit der Vermarktung besonderer BILD-Produkte. Den Anfang machte die BILD-Schlager-CD („Die 50 größten Schlagerhits“). Schnell wurde das Merchandising auch auf Bücher, Kleidung, Technik und andere Produkte erweitert. So gab/gibt es unter anderem die BILD-Nobelpreisträger-Bibliothek, die Volks-Bibel, den Volks-Duden, den Volks-PC und den Volks-Notebook oder auch die Volks-Pizza und den Volks-Milchreis.
BILD heute
Von den hohen Auflagen von mehr als fünf Millionen in den 1980er Jahren musste sich die BILD inzwischen wieder verabschieden. Aktuell liegt die verkaufte Auflage nach Verlagsangaben bei „fast drei Millionen Exemplare“ – offenbar aber immer noch genug, um sich selbst als Europas größte Tageszeitung bezeichnen zu können. Die 33 Regional- und Stadtausgaben gibt es an fast 120.000 Verkaufsstellen sowie in 36 belieferten Ländern. Unverändert sind dagegen bis heute die übersichtlichen und leicht verständlichen Texte. Gleiches gilt auch für den Themenmix: Es dominieren Sport & Politik, Sex & Crime sowie Tratsch & Klatsch. Insofern ist es auch wenig verwunderlich, dass die BILD-Zeitung weiterhin so stark polarisiert.
Mehr zur Historie der BILD-Zeitung:
- Geschichte der BILD (wikipedia-Beitrag)
- 60 Jahre BILD (Artikelserie auf bild.de)
- Daten & Fakten zu Europas größter Tageszeitung (Axel Springer AG)
- 50 Jahre BILD – Wirklich kein Grund zu Feiern (Special-Seite zum 50. Jubiläum von Günter Wallraff)
- Jubiläumsaktion 60 Jahre BILD: Ärger um kostenlose Sonderausgabe (GeschichtsKombinat)
Quelle: Axel Springer AG, zudem siehe Links
Bilder: Axel Springer AG
(Ende) geschichtspuls/21.06.2012/mar
Ich muss ja gestehen, dass ich noch nie eine Bildzeitung gelesen habe, bevor diese bei mir zu diesem Jubiläum im Briefkasten landete.
Ja, ich habe sie mir angeschaut und bin zu dem Ergebnis gekommen, dass ich auch weiterhin keine kaufen werde.
Meiner Meinung ist die Bildzeitung etwas, worauf die Menschheit gut verzichten kann.
Ja, ja die Bildzeitung; Die Zeitung, die keiner liest und trotzdem die höchsten Auflagenzahlen hat.
Egal wie man zur Bild steht, eins muss man dem Axel Springer Verlag lassen, er hat die Zeichen der Zeit erkannt. Während viele Zeitungen, die zu unflexibel waren, um sich den Herausvorderungen des Internetzeitalters stellen, Konkurs machen, ging die Bild mit der Zeit und verlagerte Teile Ihres Geschäfts ins Internet. Viele „hochwertige“ Zeitungen werden die nächsten drei Jahre nicht überleben. Die Bild hingegen wird auch noch in weiteren 60 Jahren existieren.