Ein in Südsibirien gefundener Fingerknochen sorgt derzeit für reichlich Aufsehen: Ein Forscherteam vom Leipziger Max-Planck-Institut für evolutionäre Anthropologie (MPI) hat daraus die uralte mitochondriale DNA sequenziert – und ist auf ein schon sensationell zu nennendes Ergebnis gestoßen. Wie die Forscher berichten, stammt das nur wenige Millimeter großes Knochenstück von einer bislang unbekannten Menschenform. Diese habe vor etwa 48.000 bis 30.000 Jahren im Altai-Gebirge in Zentralasien gelebt.
Der Knochensplitter wurde 2008 in der Denisova-Höhle im Altai-Gebirge im südlichen Sibirien gefunden. Er stammt vermutlich von einem Kind , vielleicht fünf bis sieben Jahre alt und unbekannten Geschlechtes. Am MPI wurde daraus das mitochondriale Erbgut – das jeweils von der Mutter an die Nachfahren vererbt wird – mit der DNA von Neandertalern und heute lebenden Menschen verglichen. Dabei stellte sich heraus, dass sich die Mitochondrien-DNA des mutmaßlich neuen Homininen aus Südsibirien deutlich von der aller bisher bekannten Homininen unterscheidet.
Eine detaillierte Analyse des Erbguts zeigt laut MPI, dass der neue Hominine vor etwa einer Millionen Jahren einen gemeinsamen Vorfahren mit dem modernen Menschen und dem Neandertaler hatte. Dieser gemeinsame Vorfahre sei etwa doppelt so alt, wie der auf der Basis ihrer mitochondrialen DNA bestimmte gemeinsame Vorfahre von anatomisch modernen Menschen und Neandertaler. Darüber hinaus deute das Alter des Fossils darauf hin, dass die unbekannte Menschenform in Südsibirien parallel zu Neandertalern und modernen Menschen gelebt haben könnte.
Nach Ansicht der Max-Planck-Forscher lege der Fund auch eine neue Auswanderungswelle aus Afrika nahe. Sie unterscheide sich von derjenigen, die Homo erectus, Vorfahren der Neandertaler und des Homo sapiens beschritten haben. Die erste Gruppe von Homininen, die Afrika vor etwa 1,9 Millionen Jahren verließ, war Homo erectus. Archäologische Funde sowie genetische Daten deuten darauf hin, dass wenigstens zwei weitere Gruppen Afrika später verließen: Zuerst, vor etwa 500.000 bis 300.000 Jahren, die Vorfahren des Neandertalers. Danach, vor etwa 50.000 Jahren, der anatomisch moderne Mensch. Direkte Nachfahren von Homo erectus könnten bis vor weniger als 100.000 Jahren in Indonesien überlebt haben. Ältere Vertreter von Homo erectus und Homo heidelbergensis lebten auch in nördlicheren Breitengraden, zum Beispiel vor mehr als 125.000 Jahren im Altai-Gebirge im südlichen Sibirien. Auch Neandertaler lebten zu dieser Zeit in Sibirien.
Mehr zum neu entdeckten Urmenschen:
Hominines Fossil aus der Denissowa-Höhle (wikipedia-Beitrag zum Fund)
Sensationeller Knochenfund: Homo X (sueddeutsche.de)
Sensationsfund „X-Woman“: Entdeckten Forscher eine neue Menschenart? (FAZ Online)
Der kleine Finger der Evolution (ZEIT Online)
„Alles deutet auf eine neue Spezies Mensch hin“ (MPI-Anthropologe Johannes Krause im Interview mit der Deutschen Welle über die Tragweite der Entdeckung)
Quelle: Max-Planck-Gesellschaft
(Ende) geschichtspuls/26.03.2010/mar
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Da muss ich meinem Sohn wohl ein neues Biologiebuch kaufen. Mein altes dürfte damit ja überholt sein… :-]
Ist das eigentlich heute Teil des Biologie- oder des Geschichtsunterrichts. Kann mich da selbst gar nicht mehr daran erinnern…
Da stimmt so einiges nicht. Ständig brachen angeblich neue Gruppen von Menschenarten auf um den afrikanischen Kontinent zu verlassen und die Welt zu erobern. Eigenartig, das sie dabei niemals auf ihre Vorgänger stiessen.