Ein Stück Geschichte am Wegesrand der Bundesautobahn A2 Hannover-Berlin: Der Grenzübergang Marienborn war die größte und bedeutendste DDR-Kontrollstelle an der innerdeutschen Grenze. Auf dem 35 Hektar großen Gelände versahen bis zum Schluss rund 1.000 DDR-Grenzer, Zöllner, MfS- und Zivilangestellte ihren Dienst, die allein zwischen 1985 und 1989 ca. 35 Millionen Reisende abfertigten. Am 30. Juni 1990 – 45 Jahre nach seiner Errichtung – wurde der Kontrollpunkt geschlossen. Heute steht die Anlage zu großen Teilen unter Denkmalschutz und lädt zum informativen Rasten ein. Hier ein paar Impressionen von einem kurzen Zwischenstopp an der heutigen Gedenkstätte Deutsche Teilung Marienborn:
Bereits am 1. Juli 1945 war hier von den alliierten Siegermächten unmittelbar an der Demarkationslinie zwischen der britischen und der sowjetischen Besatzungszone ein Kontrollpunkt eingerichtet worden. Nach der Gründung von Bundesrepublik und DDR wurde mit dem Ausbau der Grenzübergangsstelle (GÜSt) begonnen. Da diese den mächtigen Männern in der DDR in der Folgezeit jedoch als unzureichend gesichert erschien, wurde zwischen 1972 und 1974 für über 70 Millionen Mark (Ost) diese zweite Grenzübergangsstelle Marienborn errichtet.
Passannahme Einreise West |
Passkontrolle für Einreisende mit Pkw |
dito |
Passkontrolle bei der Pkw-Einreise
Bei der Einreise aus Westdeutschland mussten die Reisenden in der vorgelagerten Pass-Annahmestelle ihren Pass und den Kraftfahrzeugschein abgeben. Über wettergeschützte Transportbänder (linke Bildseite auf dem linken Bild hierüber, aus dem Häuschen heraus) wurden diese in verschiedenfarbigen Kunstledermappen zum Abfertigungstrakt befördert. Die Reisenden mussten derweil an der Pass-Annahmestelle bleiben.
In den anschließenden Passkontrollstellen wurden die Dokumente aller Einreisenden von Angehörigen der Passkontrolleinheit des MfS kontrolliert. Ab 1985 wurden die Reiseunterlagen unter eine fest installierte Kamera gelegt, die eine weitere Bearbeitung der Daten im Stabsgebäude ermöglichte. Anschließend überprüfte ein Identitätskontrolleur (u.a. anhand von Augenabstand, Nasen- und Ohrenform), ob die Dokumente auch wirklich mit der kontrollierten Person übereinstimmten.
Kommandoturm
Wurde an einem der 124 auf dem Gelände installierten Alarmknöpfen Alarm ausgelöst, konnten die diensthabenden Offiziere aus dem Kommandoturm über ein System aus Ampeln, Schlagbäumen und Rollschranken den gesamten Verkehr an der Grenzübergangsstelle zum Stillstand bringen. In der Befehlszentrale wurden zudem die Meldungen der Kräfte des operativen Zusammenwirkens zur Absicherung des Hinterlandes registriert.
Wechselstube
Auf dem Gelände des Grenzüberganges befand sich auch eine Wechselstube (Filiale der Staatsbank der DDR). Zur Linderung des chronischen Devisenmangels der DDR mussten hier alle Reisenden aus dem Westen ab Dezember 1964 zum Zwangs- bzw. Mindestumtausch antreten. Ab Oktober 1980 betrug der Tagessatz hierfür 25 Mark (Ost) und war im Verhältnis 1 Mark (Ost) gleich eine D-Mark zu entrichten.
Veterinärstation
Hier wurden gewerbliche Viehtransporte und mitgeführte Kleintiere auf ihren Gesundheitszustand untersucht. Damit verbunden waren Kontrollen zur Verhinderung von Personenschleusungen und von Schmuggel.
Neben der Veterinärstation befand sich eine als Leichenhalle dienende Garage, in der Angehörige des Zolls Krankentransporte und Überführungen von Verstorbenen in beide Richtungen untersuchten. So sollten Schmuggelversuche und Fluchtversuche von DDR-Bürgern vereitelt werden.
Dienstzimmer |
Dienstausweis der DDR-Zollverwaltung |
Plakat: Dokumentation Menschenschleusung |
Seit 1996 ist die Gedenkstätte Deutsche Teilung Marienborn ein Ort der Begegnung und der historisch-politischen Bildung. Dank der zahlreichen Erklärungstafeln kann er selbstständig erkundet werden. Wer mehr wissen will, für den gibt es im Dokumentationsgebäude wechselnde Ausstellungen rund um die ehemalige Grenzübergangsstelle. Erste Eindrücke vorab kann man sich in einem kurzen Online-Video holen. Gleich nebenan befindet sich zudem eine Raststätte mit Restaurant, so dass Marienborn bei Fahrten auf der A2 zwischen Magdeburg und Braunschweig eine gute Möglichkeit für eine informative Rast bietet.
Kleiner Tipp noch für die Jüngeren unter uns: Wer „ältere“ Leute in der Gedenkstätte trifft, kann diese ruhig mal fragen, ob Sie persönliche Erinnerungen an die Grenzübergangsstelle vor 1990 haben. Daraus können sich sehr interessante Gespräche entwickeln…
Mehr zur Gedenkstätte Marienborn:
Gedenkstätte Deutsche Teilung Marienborn (offizielle Seite der Stiftung Gedenkstätten Sachsen-Anhalt)
Zonengrenz-Museum Helmstedt (Landkreis Helmstedt)
Projekt Grenzenlos – Wege zum Nachbarn
Fotoserie aus dem Jahr 1992 (lostplaces.de)
Mit Quellen der Gedenkstätte Deutsche Teilung Marienborn
Bilder: Ge.Ko2 (Sorry, für die geringe Qualität)
(ENDE) geschichtspuls/02.04.2009/mar
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Ich bin Beruflich von 1980-1990 in unregelmässigen Abständen mit dem Lkw
über die Grenze gefahren. Ich habe die Grenze manches mal 4 mal am Tag passiert . Nach Zwanzig Jahren kann ich mich noch genau daran erinnern als wenn es gestern war.
ich stoppe da immer wieder. Faszinierend und gruselig zugleich…
Über den Zugang wollten meine Eltern damals nach der Öffnung übersiedeln, sind aber in hinter Helmstedt nach einer Nacht wieder umgedreht. Komisch, die Bilder wieder zu sehen…
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