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Online-Fundstück: DDR-Computerchips für Europa

By | 6. April 2009

Und noch ein Beitrag zur DDR-Computerindustrie: Ab 1992 wollten sich die Elektronikkombinate der DDR mit einer eigenen Megabit-Chip-Produktion dem internationalen Wettbewerb im europäischen Binnenmarkt stellen. Das berichtete die „Computerwoche“ im Mai 1989 in einem Resümee zur Leipziger Frühjahrsmesse. Erklärtes Ziel der ehrgeizigen Elektronisierungsbemühungen der DDR sei es, nicht nur innerhalb des kommunistischen Wirtschaftsraums die Stellung als ein potenter Partner zu festigen und die Cocom-Embargobestimmungen in Frage zu stellen. Noch mehr gehe es der DDR darum, zu den wenigen Ländern zu gehören, in denen Megabit-Chips hergestellt würden.


Dieses Bestreben wurde laut dem Magazin von ostdeutscher Seite unter anderem mit Kosten- und Konkurrenzdruck im Bereich des devisenträchtigen Werkzeugmaschinen- und Anlagenbaus begründet. „Die DDR, so ein Argument, könne sich nur dann dem internationalen Wettbewerb mit Aussicht auf Erfolg stellen, wenn sie über eine eigene Schaltkreisproduktion verfüge und davon ausgehend in bestimmten Bereichen, vor allem bei der Fertigungsautomation, eine Spitzenstellung einnehme. Nicht zuletzt glaubt man, auf diese Weise ein stabiles Wirtschaftswachstum realisieren zu können.“ Bisher müssten leistungsfähige Steuerungen für Export-Maschinen in Richtung Westen größtenteils von westlichen Herstellern bezogen werden.
Zum 41. Jahrestag der Gründung der DDR im Oktober 1990 soll das erste Funktionsmuster eines 4-Megabit-Chips vorgestellt werden. Ab 1991/1992 wolle man dann die Produktion aufnehmen. Gegenwärtig (also Sommer 1989) seien die Aktivitäten noch auf die Produktionssteigerung eines 256-KB-DRAM- Speichers gerichtet. Ziel sei es, das Produktionsvolumen 1989 auf mindestens 500.000 Stück zu erhöhen.
„Hochgesteckte Ziele“ zu Lasten anderer Branchen
Die Redakteure der Computerwoche stellten auch fest, dass die verschiedenen Mikrochips in der DDR mit vergleichsweise zu hohen Kosten produziert werden. Mit der Verwirklichung der hochgesteckten Ziele in den Bereichen Mikroelektronik und Automatisierung lebe das Land nach Ansicht westdeutscher Wirtschaftsfachleute über seinen Verhältnissen. Der Preis dafür sei die Vernachlässigung anderer Wirtschaftsbereiche.
Mehr zur Entwicklung der Mikroelektronik in der DDR gibt es beispielsweise in einem Beitrag bei MDR Figaro: DDR-Mikroelektronik: Robotron rechnet schon. Zusammenfassend heißt es dort:

„Seit den 60er-Jahre hatte sich die DDR kaum um die Förderung und Weiterentwicklung der Mikroelektronik gekümmert. Als die Parteiführung das Versäumnis bemerkte, war es eigentlich schon zu spät. Schnell wurde das Kombinat Robotron gegründet – Robotron ein Kunstwort aus ‚Roboter‘ und ‚Elektronik‘. (…) Erst mit dem sogenannten Elektronik-Plenum von 1977 begann die Aufholjagd, die von Anfang an keine Chance hatte. Die Devise lautete: ‚Dranbleiben, koste es, was es wolle…‘. Bis 1989 pumpte die DDR-Führung insgesamt mehr als 14 Milliarden DDR-Mark in den Mikroelektronikbereich. In 17 Kombinaten arbeiteten über eine Viertelmillion Menschen daran, eine „weltmarkfähige“ Mikroelektronikindustrie aufzubauen. Ein Versuch, der zum Scheitern verurteilt war und mit dem Fall der Mauer ein jähes Ende fand.“

Noch mehr zum Thema:
DDR-Kombinat entwickelt die erste eigene 32-Bit-CPU (Computerwoche zur Leipziger Herbstmesse 1989)
Leipziger Messe 1984: Erste Heimcomputer für die DDR vorgestellt (GeschichtsPuls)
robotrontechnik.de
DDR-Computer (Computermuseum München)
Vorstellung einer privaten Robotron-Sammlung

Quelle: Computerwoche Online-Archiv (Ausgabe vom 5. Mai 1989)
(ENDE) geschichtspuls/06.04.2009/mar

2 thoughts on “Online-Fundstück: DDR-Computerchips für Europa

  1. Pingback: Neues aus der DDR: Robotron stellt ersten Heimcomputer "Z 9001" für die DDR vor | GeschichtsPuls

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