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Landeskriminalamt: Von der Stasi zum Staatsschutz

By | 3. Juli 2009

Im Brandenburger Landeskriminalamt arbeiten etwa hundert frühere hauptamtliche Stasi-Offiziere in sensiblen Bereichen. Allein neun sind in der Abteilung Staatschutz beschäftigt, wie das ARD-Magazin „Monitor“ berichtet. 13 ehemalige Stasi-Offiziere seien sogar Dezernatsleiter. Das gehe aus einem Abgleich der Gehaltsliste des früheren Ministeriums für Staatssicherheit und einer Liste der heutigen LKA-Beamten hervor.
Archiv BStU PotsdamEinige der heutigen Dezernatsleiter haben demnach früher als Untersuchungsführer in der Elite-Abteilung IX der Stasi gearbeitet, die für die Inszenierung von politischen Prozessen zuständig war. Sie seien mitverantwortlich dafür, dass Menschen ins Gefängnis mussten, nur weil sie die DDR verlassen wollten. Wie mögen sich Stasi-Opfer da fühlen, fragt „Monitor“ zu Recht, wenn sie fast 20 Jahre nach der Wende ihre ehemaligen Peiniger wieder treffen – noch dazu in einer bundesdeutschen Polizeiuniform?
Delikat sei zudem, dass für die Bewachung des Wochenendgrundstückes von Bundeskanzlerin Angela Merkel im Schutzbereich Uckermark auch zwei ehemalige Stasi-Offiziere verantwortlich seien. Einer der beiden habe zehn Jahre für die Stasi gearbeitet, zuletzt in der Abteilung III, die unter anderem für das Abhören von Telefonaten aus dem Westen zuständig gewesen sei. Der in der DDR aufgewachsenen Bundeskanzlerin dürften solche Beschützer kaum Recht sein. Immerhin hat sie einst selbst ein Angebot der Stasi ausgeschlagen. (Angela Merkel: Stasi wollte sie als IM anwerben)
Das Innenministerium Brandenburgs hat nach Angaben von „Monitor“ bestätigt, dass 58 dieser Stasi-Offiziere heute im Landeskriminalamt arbeiten. Zu den Dezernatsleitern habe das Ministerium zwar keine Auskunft gegeben, allerdings bestätigt, dass zwei ehemalige Stasi-Offiziere heute Polizeiräte im höheren Dienst seien.
Ein Kriminalbeamter – der sich aus Angst vor Repressalien gegenüber dem Fernsehmagazin nur verdeckt äußern wollte – habe von einem starken Corpsgeist unter ehemaligen Stasi-Leuten im Landeskriminalamt berichtet. „Auffällig ist die Konzentration von ehemaligen Stasi-Leuten in den einzelnen Abteilungen des LKA. Man kann sich des Eindrucks nicht erwehren, dass einer den anderen hinterher zieht“, so der Insider. Man könne auch von Seilschaften sprechen, wo Druck auf Mitarbeiter ausgeübt werde.
Karriere nach der Wende
Für Rainer Wendt, Bundesvorsitzender der Deutschen Polizeigewerkschaft, ist das ein komplettes Regierungsversagen. „Das Landeskriminalamt ist eine Landesbehörde, die in den Bereichen Staatsschutz von überregionaler Bedeutung und auch in dem Bereich organisierte Kriminalität ermittelt. Dort gibt es viele Schnittstellen zur Spionage, auch zur Vorbereitung terroristischer Aktivitäten. Hier brauchen wir Ermittlungskräfte, die überhaupt keine Zweifel an ihrer rechtsstaatlichen Gesinnung lassen.“
Der Historiker der Stasi-Unterlagenbehörde, Roger Engelmann, der zur Abteilung IX geforscht hat, bezeichnet das als einen Skandal. „Ich kann das kaum glauben. Ich dachte, die wären längst ausgesiebt.“ Stattdessen haben die früheren MfS-Offiziere nach der Wende Karriere gemacht. Er sei der Ansicht, dass jemand, der Untersuchungsführer im MfS war, sich für eine Tätigkeit im demokratischen Staat, im Polizeidienst des demokratischen Staates vollkommen disqualifiziert hat, sowohl politisch wie auch moralisch, so Engelmann.
Mehr Informationen und der Mitschnitt aus der Sendung vom 2. Juli 2009 bei „Monitor“: Ehemalige MFS-Mitarbeiter beim LKA Brandenburg.
Nachtrag (4. Juli 2009): Das Brandenburger Innenministerium hat inzwischen gegenüber Spiegel Online dementiert, dass zwei frühere hauptamtliche Stasi-Offiziere heute für die Bewachung des Wochenendhauses von Bundeskanzlerin Angela Merkel in der Uckermark verantwortlich seien. Auch seien die von „Monitor“ erwähnten 13 Dezernatsleiter des LKA keine früheren Offiziere des MfS gewesen.

Quelle: Monitor
Foto: Ge.Ko2 (Blick ins BStU-Archiv Potsdam)
(ENDE) geschichtspuls/03.07.2009/mar