Welchen Anteil hatten die Medien und besonders West-Medien am Fall der Mauer 1989? Wie haben westdeutsche Korrespondenten und ostdeutsche Oppositionelle mit ihren Berichten die friedliche Revolution in der DDR unterstützt bzw. diese noch beschleunigt? Diese Frage diskutierten damals beteiligte Journalisten und Bürgerrechtler gestern (30. Januar 2008) im Rahmen einer Forums-Veranstaltung der Robert-Havemann-Gesellschaft und des SPIEGEL an der Freien Universität (FU) Berlin.
Der Schock für das Ministerium für Staatssicherheit muss groß gewesen sein als der West-Berliner Radiosender „Radio 100“ eine in der DDR konzipierte Sendung regelmäßig auszustrahlen begann und die West-Berliner „taz“ eine Ost-Berlin-Seite mit Texten der DDR-Opposition einführte, heißt es einführend in der Ankündigung. Noch größer sei dieser Schock geworden, als im Westfernsehen an der DDR-Zensur vorbei gedrehte Aufnahmen ausgestrahlt wurden.
Aufnahmen wie die von Siegbert Schefke, der sich Anfang Oktober 1989 unbemerkt mit seiner Kamera auf einem Leipziger Kirchturm versteckte und die ersten Filmaufnahmen der legendären Montagsdemonstrationen drehte. Der Ost-Korrespondent des SPIEGEL, Ulrich Schwarz, schmuggelte das Videoband in seiner Unterwäsche versteckt über die Grenze. Am folgenden Tag konnte dann jeder Fernsehzuschauer den Anfang vom Ende des SED-Regimes in der „Tagesschau“ sehen – einen Monat später fiel die Mauer.
Die Frage des Einflusses der (West-)Medien wurde gestern von unterschiedlichen Seiten beleuchtet, wie heute im Bericht des Tagesspiegel nachzulesen ist. „Totalitäre Diktaturen scheuen nichts mehr als Öffentlichkeit“, zitiert das Blatt Klaus Schroeder, Professor an der FU mit Schwerpunkt DDR-Geschichte. Insofern wären Teile der Westmedien tatsächlich Umsturzhelfer, weil sie das Öffentlichkeitsmonopol der Partei gebrochen hätten. Doch hierbei müsse man auch differenzieren. Um die deutsch-deutsche Entspannungspolitik nicht zu gefährden, habe bereits ab Mitte der sechziger Jahre in den Westmedien eine Weichzeichnung der DDR eingesetzt. „Viele Westjournalisten haben eine regelrechte Schleimspur gezogen und die DDR als einen stabilen Staat mit einer berechtigten Existenz dargestellt“, so Schroeder weiter.
Quelle: Tagesspiegel
(ENDE) ddr-geschichtsblog/31.01.2008/mar