Sei es das legendäre Tor von Jürgen Sparwasser bei der Fußballweltmeisterschaft 1974 oder der Zieleinlauf von Heide Rosendahl und Renate Stecher bei den Olympischen Spielen 1972 in München – es sind solche Ereignisse, die sinnbildlich für deutsch-deutsche Sportgeschichte stehen. 20 Jahre nach dem Fall der Mauer widmet sich die Ausstellung „Wir gegen uns. Sport im geteilten Deutschland“ im Bonner Haus der Geschichte der unterschiedlichen Entwicklung des Sports in der Bundesrepublik und der DDR sowie dessen Bedeutung im deutsch-deutschen Wettstreit der Systeme – erinnert gleichzeitig aber auch an fest im kollektiven Gedächtnis der Deutschen verankerte glanzvolle Höhepunkte, an Wettkämpfe, Siege und Rekorde…
Plakat zur Ausstellung (1) |
Mehr als 1.100 Exponate dokumentieren herausragende Ereignisse deutscher Sportgeschichte: darunter eine der wenigen erhaltenen Sitzbänke aus dem Wankdorf-Stadion in Bern, dem Ort des Endspiels der Fußball-WM 1954, das Rennrad des zweimaligen Amateur-Weltmeisters und Gewinners der „Friedensfahrt“ Täve Schur, die Fahne der gesamtdeutschen Olympiamannschaft sowie auch Jens Lehmanns Spickzettel aus dem Viertelfinale gegen Argentinien im WM-Sommer 2006. Persönliche Erinnerungsstücke wie die Schwimmflossen von Axel Mitbauer, mit denen der DDR-Schwimmer 1969 durch die Ostsee in die Freiheit schwamm, verdeutlichen die Zwänge, die Sportlern in der DDR auferlegt wurden.
Sport als Mittel der Legitimation
In der DDR betont die Sozialistische Einheitspartei Deutschlands (SED) die politische Bedeutung des Sports. Er soll beim Aufbau der neuen Gesellschaft helfen und die Bevölkerung für den neuen Staat begeistern. Seine Organisationen, vor allem der 1957 gegründete Deutsche Turn- und Sportbund (DTSB), werden dafür umfänglich instrumentalisiert. In der Bundesrepublik legen die Sportverbände dagegen großen Wert auf ihre politische Unabhängigkeit. Gleichwohl unterstützt der 1950 gegründete Deutsche Sportbund (DSB) die Bundesregierung in ihrem Anspruch, die alleinige Vertretung Deutschlands zu sein.
Doping in Ost und West
Der Kalte Krieg zwischen Ost und West prägt auch die deutsch-deutschen Sportbeziehungen. Ab Mitte der 1960er Jahre verstärkt die DDR die Förderung des Leistungssports. Talente werden schon im Kindesalter trainiert und einzelne Sportarten besonders unterstützt. Medaillen bei Olympischen Spielen gelten als Prestigegewinn für die DDR. Staatlich gelenktes Zwangsdoping erhöht die Leistungsfähigkeit der DDR-Athleten. Technische Innovationen und neue Trainingsmethoden führen vor allem in den 1980er Jahren zu einer schier unglaublichen Erfolgsserie. Das SED-Regime räumt den Spitzensportlern besondere Vergünstigungen ein, setzt sie gleichzeitig aber unter starken politischen Druck und treibt viele in die Flucht.
Auch die Bundesrepublik geht seit Mitte der 1960er Jahre neue Wege in der Nachwuchsförderung. Ziel ist ein gutes Abschneiden bei den Olympischen Spielen 1972 in München. Gemeinsam sorgen Politik und Wirtschaft für eine bessere Ausstattung des Leistungssports. Die Orientierung am „Sportwunderland DDR“ macht selbst vor der Anwendung von Doping nicht halt.
Die Ausstellung schließt mit einer Betrachtung der Entwicklung seit der Wiedervereinigung. Sie erinnert an die Freude über neu gewonnene Möglichkeiten und erste gemeinsame Erfolge – etwa bei den Olympischen Spielen in Albertville und Barcelona 1992 –, sie zeigt aber auch die Probleme beim Zusammenwachsen von Ost und West. Die 1990 einsetzenden Diskussionen um das DDR-Erbe im Sport halten bis in die Gegenwart an.
Die Ausstellung „Wir gegen uns. Sport im geteilten Deutschland“ ist vom 12. Mai 2010 bis zum 10. Oktober 2010 im Haus der Geschichte in Bonn zu sehen. Geöffnet ist die 2009 bereits in Leipzig gezeigte Schau jeweils Dienstag bis Sonntag, 9 bis 19 Uhr. Der Eintritt ist frei.
Quelle: Haus der Geschichte Bonn
Bilder: Haus der Geschichte / (1) THORN WA, Leipzig; (2)+(3) CDS Gromke; (4) Punctum/Bertram Kober
(Ende) geschichtspuls/25.05.2010/mar