Welche Rolle spielen eBooks mittlerweile im geisteswissenschaftlichen Bereich im Vergleich zu gedruckten Büchern? Über diese Frage konnte ich mich im Anschluss an die interessante Sektion Internetportale zur Europäischen Geschichte mit Dr. Thomas Schaber, Verlagsleiter des Franz Steiner Verlags, unterhalten.
Schaber zufolge kommt in seinem Haus mittlerweile jedes Buch auch als eBook auf den Markt. Der Preis für ein solches Exemplar liege in der Regel rund 20 Prozent unter dem des gedruckten Buches. Abschläge in ähnlicher Höhe seien auch bei zahlreichen anderen Verlagen üblich. Insgesamt seien eBooks im geisteswissenschaftlichen Bereich derzeit noch kein tragfähiges Geschäft. Außer von Seiten amerikanischer Bibliotheken gebe es noch keine wirkliche Nachfrage nach eBooks. Die Umsätze verglichen mit dem Printgeschäft rangierten derzeit noch im „Promillebereich“. (Im naturwissenschaftlichen Bereich sei die Situation etwas besser, aber auch da seien die Erlöse noch gering.)
Einen wesentlichen Grund hierfür sieht Schaber – neben der noch mangelnden Kompatibilität der verschiedenen eBook-Formate – vor allem im Fehlen etablierter Vertriebsplattformen. Es gebe derzeit noch zu viele kleine, dezentrale Initiativen, die vielfach noch zu nutzerunfreundlich seien. Der Steiner Verlag vertreibe seine eBooks derzeit unter anderem über Libreka und e-cademic. Zudem soll ab Januar ein eigener Shop auf der Verlagswebseite starten. Ob auch die Generationsfrage ein Grund für die noch sehr verhaltene Nachfrage nach eBooks ist, dazu konnte/wollte Schaber nichts sagen. Er merkte jedoch an, dass frei im Internet zugängliche Publikationen die Nachfrage nach einer entsprechenden Printversion befördern. Entsprechende Erfahrungen habe man zumindest im Steiner Verlag gemacht.
e-Books als künftiger Hoffnungsträger für die Verlage
Innerhalb der Branche herrscht laut Schaber eine große Unsicherheit über die allgemeine Zukunft des Verlagswesens. Generell werde die Digitalisierung vorangetrieben, um für die Zukunft gerüstet zu sein. Zudem probierten die Verlage vieles aus, um im von großen Hoffnungen getragenen eBook-Bereich nicht den Anschluss zu verlieren. Für viel versprechend hält Schaber zudem Modelle wie PaperC. Hier seien schon viele Verlage aufgesprungen. Allerdings sei noch nicht klar, ob die Nutzer dieses Modell in breitem Umfang annehmen. Erlösmäßig sei PaperC bislang auch noch vernachlässigbar.
Kleine Ergänzung: Zum Thema e-Books äußerte sich aktuell auch Carell Halff, Chef der Verlagsgruppe Weltbild. „E-Books sind in Deutschland in Wahrheit ein bislang nicht existenter Markt. Die Gesamtumsätze – Geräte und Inhalte – liegen bei weit weniger als einem Prozent jener fast zehn Milliarden Euro, die der Buchhandel im Jahr umsetzt“, wird Halff von der Wirtschaftswoche zitiert. Gleichzeitig kritisierte er das noch mangelhafte Angebot der Verlage an e-Books als „viel zu dünn“. Aktuell seien erst 40.000 Titel verfügbar, für den normalen Nutzer aber würden die e-Book-Reader erst ab 300.000 bis 400.000 Titeln interessant. „Dabei müsste inzwischen auch dem Letzten klargeworden sein, dass da ein Markt entsteht mit einer nennenswerten und rentablen Größe“, so Halff weiter.
Nachtrag vom 7.10.2010: Im Vorfeld der Frankfurter Buchmesse sind in den vergangenen Tagen etliche weitere Artikel zum Thema eBook erschienen. Darunter unter anderem als weiterführende Lektüre empfehlenswert:
eBooks: Was tun, damit der Markt anspringt? (KoopTech)
Das Wespennest „eBook“ (KoopTech)
Die junge Generation schreit nach E-Books – doch die Verlage bleiben taub (Basic Thinking Blog)
(Ende) geschichtspuls/04.10.2010/mar