184 Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern der Universität Würzburg wurde in den Jahren von 1933 bis 1945 ihre Doktorwürde aberkannt. Vor allem Wissenschaftler jüdischer Herkunft sollten damit herabgewürdigt werden. Nach der Aufarbeitung dieser Vorgänge hat die Universität die Betroffenen nun öffentlich rehabilitiert.
Ganze Bevölkerungsgruppen zu verfolgen, ihnen systematisch ihre Rechte zu nehmen, sie zu ermorden – das war erklärtes Ziel der Nationalsozialisten. In Folge dessen kam es in den Jahren von 1933 bis 1945 auch an den deutschen Universitäten zu zahlreichen Unrechtsakten gegenüber Studierenden und Mitarbeitern. So wurden beispielsweise unliebsame Studienanwärter nicht zum Studium zugelassen, bereits eingeschriebene Studenten während ihres Studiums zwangsexmatrikuliert und Hochschullehrer und Dozenten unter verschiedenen Vorwürfen von den Universitäten verwiesen.
Ein bisher eher wenig bekannter Aspekt dieses Unrechts durch die Universitäten ist die Depromotion – also die Entziehung der Doktorwürde. Sie wurde als Instrument benutzt, um politisch und ideologisch unliebsame Akademiker herabzuwürdigen und tatsächlich sowie symbolisch aus der akademischen Gemeinschaft auszuschließen. Betroffen waren von einer solchen Aberkennung ihrer Doktorwürde vor allem Wissenschaftler jüdischer Herkunft.
Späte Aufarbeitung
Erst seit einigen Jahren bemühen sich deutsche Hochschulen um die Aufarbeitung dieses dunklen Kapitels ihrer Vergangenheit, so auch an der Universität Würzburg. Die Forschungen dazu erwiesen sich jedoch nicht ganz einfach, da in den Würzburger Archiven infolge der Kriegsschäden keine Originalakten zu den Depromotionsverfahren mehr vorhanden waren. Allerdings hatten sich die Hochschulen in der Zeit zwischen 1933 und 1945 gegenseitig über ihre Depromotionen unterrichtet. Dank dieser Hinweise in anderen Universitätsarchiven konnten die Würzburger Ereignisse aber doch noch aufgearbeitet werden.
Zwei Jahre lang war eine Arbeitsgruppe der Universität mit Vertretern aller betroffenen Fakultäten mit der Aufarbeitung der Depromotionsverfahren beschäftigt. Am Ende stellten sie fest, dass die Universität Würzburg zwischen 1933 und 1945 insgesamt 184 Wissenschaftlern zu Unrecht ihre Doktorwürde aberkannt hat. Damit fanden in Würzburg verglichen mit anderen deutschen Universitäten überdurchschnittlich viele Depromotionen statt. Verantwortlich hierfür war zum einen die „harte und konsequente“ Umsetzung der nationalsozialistischen Vorgaben durch die damalige Universitätsleitung, wie die Hochschule eingesteht. Zum anderen sei auch der damals hohe Anteil jüdischer Studierender zu berücksichtigen: Während jüdische Studenten in den 1920er Jahren durchschnittlich 3,8 Prozent aller Studenten im deutschen Reich stellten, habe ihr Anteil in Würzburg 13 Prozent betragen. Von ihnen seien rund 90 Prozent in der Medizinischen und der Rechts- und Staatswissenschaftlichen Fakultät eingeschrieben gewesen – also in „traditionell promotionsstarken Fächern“.
Öffentliche Rehabilitierung
Zu Beginn dieses Jahres hat die Hochschulleitung einen Beschluss gefasst, in dem die depromovierten Doktorinnen und Doktoren rehabilitiert werden. Mit einem Festakt (am Montag, 30. Mai 2011) hat sich die Universität nun auch nach außen zu ihrer Verantwortung bekannt und die Rehabilitation in die Öffentlichkeit getragen.
Alle Ergebnisse der historischen Aufarbeitung an der Uni Würzburg sind zudem im Band „Die geraubte Würde: Die Aberkennung des Doktorgrads an der Universität Würzburg 1933-1945“ (Verlag Königshausen & Neumann, Mai 2011) dokumentiert.
Mehr zum Thema:
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Quelle: Universität Würzburg
(Ende) geschichtspuls/01.06.2011/mar