Enteignete Bücher

TU Berlin: NS-Raubgut in Universitätsbibliothek vermutet

By | 27. November 2012

Unter den Nationalsozialisten wurden Millionen von Menschen und auch viele Bibliotheken ihres Bücherbesitzes beraubt. Davon profitiert haben könnte die Bibliothek der heutigen Technischen Universität (TU) Berlin. Zur Aufarbeitung dieses Unrechts soll nun eine Forschergruppe die Bestände der Universitätsbibliothek nach NS-Raubgut durchsuchen, wie die TU berichtet. Sofern möglich wolle man dabei auch versuchen, die rechtmäßigen Besitzer zu identifizieren.

Zu den Folgen der rassisch, politisch, religiös oder weltanschaulich motivierten Verfolgung von Millionen von Menschen und auch Institutionen zwischen 1933 und 1945 gehörte die Entziehung ihrer Vermögen durch staatliche Stellen. Darunter befanden sich viele Bücher. Während des Zweiten Weltkrieges beschlagnahmten die Deutschen zudem ganze Bibliotheken in den besetzten Gebieten und verbrachte die Bücher waggonweise in das Deutsche Reich. Dieses gestohlene Kulturgut wurde in Deutschland „verwertet“: Es wurde von den Finanzämtern auf Auktionen verkauft und deutschen öffentlichen und wissenschaftlichen Bibliotheken zur Verfügung gestellt.
Die Bibliothek der ehemaligen Technischen Hochschule Berlin – der Vorgängerin der heutigen Technischen Universität Berlin – soll davon profitiert haben. Zumindest ließen sich in den erhaltenen Inventarverzeichnisse bis 1945 der TU zufolge verdächtige Lieferungen nachweisen. Allerdings seien die Bibliothekare lange Zeit davon überzeugt gewesen, dass die heutige Universitätsbibliothek kein NS-Raubgut besitze, da fast der gesamte Buch- und Zeitschriftenbestand durch Kriegseinwirkungen und Beschlagnahmung nach Ende des Krieges verlorengegangen sei.

Verdächtige Bücher von der Luftkriegsakademie Gatow

Inzwischen wisse man jedoch – auch durch Forschungen an anderen Bibliotheken – dass solche aus NS-Raubgut stammende Bücher auch noch im Rahmen des Wiederaufbaus nach Kriegsende Eingang in deutsche Bibliotheksbestände gefunden haben. So gehe aus Akten des Universitätsarchivs der TU Berlin hervor, dass 10.000 Bücher und Zeitschriftenbände aus der ehemaligen Luftkriegsakademie Berlin-Gatow im Herbst 1945 mit Genehmigung der britischen Besatzungsmacht in den Bibliotheksbestand der damaligen Technischen Hochschule Berlin aufgenommen worden seien. Gleichzeitig gebe es Indizien dafür, dass die Luftkriegsakademie Raubgut aus den von Deutschland okkupierten Gebieten besessen habe.
Die aus Gatow übernommenen Bücher sind nach Angaben der TU Berlin auch heute noch mit Hilfe der alten Inventarverzeichnisse im Gesamtbestand der Universitätsbibliothek identifizierbar. Das jetzt gestartete Projekt „Untersuchung der 1945 aus der ehemaligen Luftkriegsakademie Gatow an die Universitätsbibliothek der TU Berlin übernommenen Bücher und Zeitschriften auf NS-Raubgut“ soll nun klären, ob sich der Verdacht auf NS-Raubgut bestätigen lässt. Dazu wird das Projektteam verschiedene archivische Quellen auswerten und systematisch nach Besitzvermerken in den fraglichen Büchern recherchieren.
Weitere Informationen finden sich auf der zugehörigen Projekt-Website der TU Berlin: NS-Raubgutforschung in der Universitätsbibliothek

Quelle: TU Berlin (Pressemeldung)
(Ende) geschichtspuls/26.11.2012/mar