Schweiz feiert 100 Jahre Bundesordner

By | 20. September 2008

Nebenbei notiert: In meiner Wahlheimat hat man gerade das 100jährige Jubiläum des Aktenordners gefeiert. Dabei gab man allerdings auch zu, dass der Ur-Ordner eigentlich eine deutsche Erfindung von 1886 ist (damals vom Bonner Friedrich Soennecken erfunden, der auch den Locher in seiner heutigen Form entwickelte). Die ersten eidgenössischen Aktenordner wurden 1908 von der Schreibbücher- und Papierwarenfabrik Biel (heute Biella Schweiz AG) hergestellt. Mit ihrem grau-schwarz marmorierten Überzug und dem von Lorbeerzweigen umgebenen Schweizerkreuz auf dem Rücken wurden sie schnell zum „Inbegriff helvetischer Ordnungsliebe“. Und da sie sich vor allem in der öffentlichen Verwaltung großer Beliebtheit erfreuten, bürgerte sich dafür bereits in den 1920er Jahren im Volksmund der Name „Bundesordner“ ein – der wiederum seit 1989 eine geschützte Marke von Biella ist.
Der geschichtliche Stellenwert des Bundesordners ist derweil so immens, dass an den Feierlichkeiten im Berner Bundesarchiv sogar der Verteidigungsminister Samuel Schmid als Vertreter der Regierung teilnahm – was in den eidgenössischen Medien für einige Häme über die Arbeitsauslastung der Bundesräte sorgte. „Neuere Modelle haben an der Unterseite einen Kantenschutz aus Metall. Er heißt in der Fachsprache ‚Panzer-Rand‘. Das ist der eine Grund, weshalb der Bundesrat gedacht hat, er delegiere den Verteidigungsminister an den heutigen Anlass“, begründete Schmid seine Teilnahme am Festakt. In seiner launigen Ansprache würdigte Schmid das Kartonkonstrukt als Institution des Landes („Wer hätte einem simplen Ordner eine derartige Rolle zugetraut!“) und ging im Übrigen auch auf seine Kritiker ein:

„Meine Damen und Herren, wir leben in einem Land bar jeglicher Sorgen! In welchem anderen Land würde sich die Regierung bei der Feier für einen Ordner vertreten lassen? Die Feier hier im Bundesarchiv mit bundesrätlichem Grusswort hat denn auch da und dort mediale Häme ausgelöst. Ich habe die betreffenden Artikel gelocht und in einem Bundesordner abgelegt. So hat alles seine Ordnung, selbst die Häme. Als Jurist bin ich ohnehin nach dem Grundsatz erzogen worden: ‚Was nicht schriftlich in den Akten ist, ist nicht in der Welt.‘ So verschaffe ich der medialen Häme ausnahmsweise eine etwas längere Existenz. Wobei ein Bundesordner nichts aussagt über die Qualität seines Inhalts.“


Mit Quellen von: siehe Links (via weblog.histnet.ch)
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