Springer-Verlag öffnet Zeitungsarchiv zur 68er-Bewegung

By | 18. Januar 2010

Der Axel Springer-Konzern hat am Wochenende den Zugriff auf ein spezielles Medienarchiv freigegeben. Seit Sonntag, 17. Januar 2010, sind unter www.medienarchiv68.de rund 5.900 Artikel aus den Jahren 1966 bis 1968 für jedermann zugänglich. Damit reagiert das Berliner Medienhaus auf die seit Jahrzehnten wiederholten Vorwürfe, mit „hetzerischen“ Berichten über die damalige Studentenbewegung zur Gewalteskalation beigetragen zu haben. Anhand der Originalquellen will der Verlag nun zeigen, wie die Redaktionen der „Springer-Presse“ tatsächlich über die 68er-Bewegung berichtet haben.

Für das Medienarchiv68 habe man „alle relevanten Artikel zur Studentenbewegung“ aus folgenden damaligen Medienangeboten des Unternehmens gesammelt: „Berliner Morgenpost“, die Berlin-Ausgaben von „BILD“ und „Die Welt“, „B.Z.“, „Hamburger Abendblatt“, „Welt am Sonntag“ sowie „BILD am Sonntag“. Punktuell könne die Berichterstattung der Springer-Blätter mit der von Konkurrenzzeitungen wie „Der Tagesspiegel“ und der damals SPD-nahen Tageszeitung „Telegraf“ verglichen werden.
„Es wurden Fehler gemacht…“
Thomas Schmid, Chefredakteur der WELT-Gruppe, hatte das Medienarchiv bereits im Herbst vergangenen Jahres angekündigt. Von dem Ergebnis sei er selbst überrascht. „Die Lektüre zeigt, es wurden Fehler gemacht, aber die Wirklichkeit war komplexer, als ich dachte“, meint Schmid. Bei der „WELT“ heißt es anlässlich der Freischaltung des Archivs: „Wir geben damit kein Urteil ab, wir rechtfertigen nichts, wir wollen nichts beschönigen. Wir stellen nur das Material zur Verfügung, damit jeder, der es will, sich ein Bild mache…“ Dabei gebe es auch nichts zu beschönigen: „Etliche Karikaturen, die damals in Blättern des Verlages erschienen, waren verleumderisch, und es gab auch zahlreiche Artikel (und nicht zuletzt Leserbriefe), in denen die Regeln eines fairen Journalismus schwer verletzt wurden.“
Trotz dieser ersten Eingeständnisse – und allen Lobes zur begrüßenswerten Erarbeitung dieses Online-Archivs – sollten Nutzer des Medienarchivs weiterhin bedenken, dass das Projekt vorrangig nur eine Sicht der Dinge widerspiegelt – und zwar die des Springer-Konzerns. Was die Begrenzung auf „alle relevanten Artikel“ konkret bedeutet und inwieweit hier womöglich nachträglich zensiert wurde, lässt sich für einen Außenstehenden wohl kaum nachvollziehen.

Quelle: Axel Springer AG
(ENDE) geschichtspuls/17.01.2010/mar