Am Sonntag (9. Mai 2010) ist wieder Muttertag. Der aus den USA stammende Ehrentag hat sich seit dem 20. Jahrhundert zumindest in der westlichen Welt fest eingebürgert, auch wenn Kritiker gerne auf die Idee eines konservativen Frauenbildes und die Instrumentalisierung des Feiertages in der Zeit des Nationalsozialismus verweisen. – Wenn Sie an der sonntäglichen Kaffeetafel mit historischem Small-Talk-Wissen glänzen wollen, so folgen Sie dem GeschichtsPuls doch auf eine kurze Reise durch knapp einhundert Jahre Muttertag.
Das erste Mal wurde der Muttertag als nationaler Feiertag 1914 in den USA begangen. Als Begründerin gilt die Methodistin Anna Marie Jarvis. In Erinnerung an ihre eigene verstorbene Mutter begann sie ab 1907 für die Einführung eines offiziellen Muttertages zu kämpfen. Sie appellierte an Politiker, Geschäftsleute, Geistliche und Frauenvereine und stieß auf offene Ohren. Bereits zwei Jahre später wurde in 45 Staaten der USA ein Muttertag begangen. Am 8. Mai 1914 erklärte der US-Kongress dann jeden zweiten Sonntag im Mai zum offiziellen Mutter-Gedenktag.
Über England kam die Idee wenig später nach Europa: 1917 wurde der Muttertag in der Schweiz eingeführt, 1918 in Norwegen, 1919 in Schweden und 1923 dann in Deutschland. Hier war es der Verband Deutscher Blumengeschäftsinhaber, der mit „Ehret die Mutter“-Plakaten den „Tag der Blumenwünsche“ propagierte.
Politisierung im Nationalsozialismus
Anfänglich noch betont unpolitisch wurde der Muttertag ein Jahrzehnt später schnell durch den Nationalsozialismus instrumentalisiert und mit der Idee der „germanischen Herrenrasse“ in Beziehung gebracht – die gebärfreudigen Mütter sicherten durch „Kinderproduktion“ den Bestand des deutschen Volkes und damit auch die deutsche Wehrkraft (Stichwort „Gebärfront“). Ihnen zu Ehren wurde der Muttertag 1933 zu einem offiziellen Feiertag erklärt und erstmals am dritten Maisonntag 1934 begangen. Vier Jahre später stiftete Adolf Hitler das Ehrenkreuz der deutschen Mutter. Diese Auszeichnung wurde ab 1939 in mehreren Stufen (Mutterkreuz in Bronze bei vier Kindern, in Gold nach acht Kindern) an kinderreiche Mütter verliehen, sofern diese eine „arische“ Abstammung gemäß der nationalsozialistischen Rassen-Ideologie nachweisen konnten.
Nach dem Ende des Zweiten Weltkrieges wurde der Muttertag in der Bundesrepublik wieder zu einem nicht gesetzlichen Feiertag. Er wird seit 1949 an jedem zweiten Sonntag im Mai gefeiert. In der früheren DDR wurde der Muttertag hingegen als westlich-reaktionärer Brauch abgelehnt und stattdessen ab 1946 an jedem 8. März der Internationale Frauentag begangen. Dieser anfänglich vor allem in sozialistischen Ländern verbreitete Feiertag wurde im Dezember 1977 von den Vereinten Nationen international anerkannt und ist heute – neben dem Muttertag – in fast allen Ländern verbreitet.
Links zum Thema
Die deutsche Frau und ihre Rolle im Nationalsozialismus
(Carolin Bendel auf shoa.de)
Dem Führer ein Kind schenken
(Heidrun Holzbach-Linsenmaier zum NS-Frauenbild in der ZEIT, 1994)
Internationaler Frauentag: Der 8. März und seine Geschichten
(Natascha Vittorelli in der Online-Zeitung der Uni Wien)
Quelle: wikipedia, dhm-lemo, frauennews.de
Foto: Ge.Ko2, Mutterkreuz-Urkunde via wikipedia
(ENDE) geschichtspuls/10.05.2008/mar (aktualisiert am 07.05.2010)
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