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Studie: "Hertha B.S.C. in der Nazi-Zeit"

By | 31. Dezember 2007

Logo Hertha BSC Der Berliner Bundesligist Hertha BSC hat ein bisher unerforschtes Kapitel seiner Geschichte geöffnet. Im Auftrag des Vereins hat der Historiker Daniel Koerfer von der Freien Universität Berlin erforscht, welche Rolle einer der ältesten Clubs der Liga im Dritten Reich spielte. „Hertha BSC war kein nationalsozialistisch infizierter Verein“, so sein Fazit. Zwar seien die Vereinsführer Parteimitglieder gewesen, die große Mehrheit der Spieler sei der NSDAP aber ferngeblieben. Auch die meisten der rund 400 Mitglieder des Vereins hätten nicht mit den Nazis sympathisiert.
Entscheidend für den Verein war in dieser Zeit seine Verwurzelung im Berliner Arbeiterbezirk Wedding, urteilte Koerfer. Hier stimmten 1932 noch drei Viertel der Wähler für KPD und SPD. Ohne braune Flecken sei aber auch die blau-weiße Vereinsweste nicht. Der Verein habe sich früh in den Propagandadienst des Regimes gestellt. Die Bewunderung für den „Führer“ Adolf Hitler (nicht für die NSDAP) sei mit seinen wirtschaftlichen und außenpolitischen Erfolgen gewachsen, was sich an den Glückwunsch- und Ergebenheitsadressen ablesen lasse. Auch um eine bedrohliche Schieflage der Vereinsfinanzen Mitte der 30er Jahre zu beheben, habe der Club mit den Machthabern kooperiert.
Nicht ohne braune Flecken
Der bekannteste Herthaner aller Zeiten, der Nationalspieler Hanne Sobek, der 1930 und 1931 mit Hertha Deutscher Meister wurde, trat zwar 1940 der NSDAP bei, hielt aber vor und nachher Distanz zu den Nazis. „Als im Zuge der immer weiter verschärften antisemitischen Ausgrenzungspolitik die Tribünen für jüdische Vereinsmitglieder gesperrt werden sollen, protestiert Sobek dagegen. Er hat auch weiter Kontakt zu jüdischen Vereinsmitgliedern“, schreibt Historiker Koerfer. Ein besonders tragisches Schicksal erlitt der jüdische Mannschaftsarzt von Hertha BSC; er wurde 1943 nach Auschwitz deportiert und dort ermordet.

Insgesamt unterschied sich, resümiert Koerfer, das Verhalten des Vereins nicht wesentlich
vom Verhalten der meisten Deutschen im Dritten Reich: Anpassungsbereitschaft war auch
hier verbreitet. „Es gab keinen Widerstand gegen das Regime, aber auch keinen tief verankerten, fanatischen Enthusiasmus für die Partei und ihre Führung, von der Bewunderung für Hitler bis weit in den 2. Weltkrieg hinein einmal abgesehen. Es gab auch keinen ausgeprägten Antisemitismus – aber eben auch keine Versuche, sich wirklich dem staatlich verordneten Rassenwahn entgegenzustemmen. Führerprinzip und Fußballsport – das war im Dritten Reich kein Gegensatz“, so der Schweizer Historiker.
Hertha-Präsident Bernd Schiphorst, der die Studie in Auftrag gegeben hatte, sagte bei der
Vorstellung: „Viele Fans nennen uns heute in einem Atemzug mit dem Olympiastadion, weil
wir dort seit Beginn der Bundesliga 1963 unsere neue Heimat gefunden haben. Aber unsere
Wiege stand an der ‚Plumpe’ im Wedding, und das hat Hertha möglicherweise vor mancher
Einvernahme durch die Nazis bewahrt“.
Die komplette Studie von Daniel Koerfer gibt es auf den Internetseiten von Hertha BSC zum Download (.pdf-Datei).

Quelle (auch Logo): Hertha BSC Presseservice
(ENDE) geschichtskombinat/10.12.2007/mar

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