„Antisemitismus in der DDR. Das hat es bei uns nicht gegeben“ – so lautet der Titel einer seit 2007 durch Deutschland wandernden Ausstellung. Mit ihr will die Amadeu Antonio Stiftung mit dem sich hartnäckig haltenden Meinungsbild aufräumen, dass in der DDR der Faschismus „mit Stumpf und Stiel“ ausgerottet worden sei. „Einerseits gab es eine bösartige Ignoranz gegenüber jüdischen Opfern, andererseits wurde die Schändung von jüdischen Friedhöfen bagatellisiert“, schildert die Stiftungsvorsitzende Anetta Kahane den Alltag in einem kollektiv zu Antifaschisten erklärten Volk.
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Für die Dokumentation haben 76 Jugendliche, unterstützt von Historikern und Pädagogen, in acht ostdeutschen Städten recherchiert. Dabei stellten sie Fragen wie: Wo befindet sich der jüdische Friedhof und wo sind nach 1950 seine Grabsteine geblieben? Was wurde in der Regionalzeitung über Israel geschrieben? Und wie wurde öffentlich an die Opfer des Nationalsozialismus erinnert?
Während ihrer Recherchen fanden die Jugendlichen beispielsweise im mecklenburgischen Hagenow einen als Türschwelle missbrauchten Grabstein. Er stammte vom dortigen jüdischen Friedhof, der in den 60er Jahren vollständig „abgeräumt“ worden war und später als Parkplatz für Müllfahrzeuge genutzt wurde. Zudem zeigte sich der Antisemitismus in der DDR aber auch ein ganz alltägliches Gesicht, etwa in Form von in Schulbänken geritzter SS-Runen oder antisemitischer Schmierereien auf „stillen Örtchen“. In Wolgast hatten sich junge Männer sogar schwarze Uniformen und Hakenkreuzfahnen genäht und eine „SS-Division“ nachgestellt.
Die fehlende Auseinandersetzung mit der nationalsozialistischen Vergangenheit und die Verdrängung des Themas in der DDR sei einer der Gründe, die Rechtsextremismus und Antisemitismus nach der Wende wieder aufblühen ließen, kommentiert Kahane die Untersuchungsergebnisse. Zugleich habe die politische Führung der DDR die Existenz Israels nie anerkannt und palästinensische Terrorgruppen unterstützt.
Noch bis zum 28. Mai 2008 ist die Ausstellung in der Gedenkstätte für die Opfer der NS-„Euthanasie“ in Bernburg zu sehen. Danach sind weitere Stationen in Berlin Schöneberg (2. bis 21. Juni 2008, Rathaus), Bützow (22. Juni bis 20. Juli 2008), Hildburghausen (21. Juli bis 10. August 2008), Trier (11. August bis 10. September 2008), Berlin Marzahn-Hellersdorf (11. September bis 09. Oktober 2008, Ausstellungszentrum Pyramide Hellersdorf), Schöneberg (10. Oktober bis 01. November 2008), Sonneberg (03. bis 11. November2008) sowie Magdeburg (21. November bis 20. Dezember) geplant (siehe Termin-Liste).
Interessierte Veranstalter können die Ausstellung bei der Amadeu Antonio Stiftung gegen eine Nutzungsgebühr von 100 Euro ausleihen (siehe .pdf-Flyer).
Quelle: Amadeu Antonio Stiftung, Zentralrat der Juden
(ENDE) geschichtspuls/15.05.2008/mar