Der Internationale Suchdienst (ITS) in Bad Arolsen hat die Digitalisierung seiner Dokumente zur Zwangsarbeit im „Dritten Reich“ abgeschlossen. Hierbei wurden über 6,7 Millionen Dokumente (ca. 13 Millionen Abbildungen) zum Thema Zwangsarbeit aus der Zeit des Nationalsozialismus und der unmittelbaren Nachkriegszeit gescannt und indiziert. Die Datenmenge beläuft sich auf insgesamt 1,87 Terabyte. „Die Dokumente zeugen vom ungeheuren Ausmaß der Zwangsarbeit während des Nationalsozialismus“, sagte Archivleiter Udo Jost.
Bei den Dokumenten handelt es sich um Originalunterlagen aus der Zeit des Nationalsozialismus, die sich auf Einzelpersonen beziehen. Dazu zählen vorwiegend Arbeitsbücher von Zwangsarbeitern, Krankenakten, Versicherungsunterlagen sowie Meldekarten von Behörden, Krankenkassen und Arbeitgebern. Daneben hat der ITS auch Listen gescannt, die Anfang 1946 auf Befehl der westlichen Alliierten erstellt wurden. Alle deutschen Gemeinden mussten den Aufenthalt von Ausländern und deutschen Juden während des Zweiten Weltkrieges den alliierten Suchdiensten melden. Die Listen enthalten Angaben zu Wohnorten, Arbeitgebern, Beschäftigungszeiten, Eheschließungen, Geburten und Grabstätten. Die Dokumente dienten unmittelbar nach dem Krieg der Familienzusammenführung und Repatriierung. Später nutzte der ITS die Unterlagen auch für Bestätigungen im Rahmen von Zwangsarbeiter-Entschädigungsfonds.
Besserer Archivzugang auch aus dem Ausland
„Die Digitalisierung dient dem Schutz und Erhalt der Originaldokumente“, begründete Jost die Maßnahme. Gleichzeitig werde so ein besserer Zugang zu den Unterlagen bei den ITS- Partnerorganisationen ermöglicht. Kopien der Daten seien bereits an die Gedenkstätte Yad Vashem in Jerusalem, das US Holocaust Memorial Museum in Washington und das Nationale Institut des Gedenkens in Warschau gegangen.
Zudem können Wissenschaftler anhand der Akten im seit November 2007 für Forschungszwecke offen stehenden Archiv die Dimension der Zwangsarbeit unter dem Nazi-Regime erforschen. „Die Dokumente geben Auskunft über die Lebensbedingungen der ausländischen Arbeiter, ihren Einsatz in bestimmten Regionen oder bei einzelnen Arbeitgebern“, erläuterte Jost. Schätzungen zur Zahl der Zwangsarbeiter während des „Dritten Reiches“ gehen laut ITS von über zwölf Millionen Betroffenen aus, darunter etwa 8,4 Millionen Zivilarbeiter. Eingesetzt waren Zwangsarbeiter in allen Bereichen des Wirtschaftslebens, ob im Bergbau, der Industrie, der Verwaltung, im Handwerk oder der Landwirtschaft.
Dokumente zu Displaced Persons-Camps folgen
Nach den nun abgeschlossenen Dokumenten zur Zwangsarbeit sowie den bereits zuvor gescannten Beständen zur Inhaftierung in Konzentrationslagern, Ghettos und Gefängnissen (ca. 18 Millionen Abbildungen), der Zentralen Namenkartei des ITS (ca. 42 Millionen Abbildungen) und den Karteikarten zu Displaced Persons (ca. sieben Millionen Abbildungen) ist die vor kurzem begonnene Digitalisierung von Unterlagen aus den Unterlagen aus den Displaced Persons-Camps der Nachkriegszeit das nächste Großprojekt in Bad Arolsen. Bisher konnten über 70 Prozent der beim ITS lagernden Dokumente gescannt und indiziert werden. Voraussichtlich 2011 soll die vollständige Digitalisierung des Archivs abgeschlossen sein.
Quelle: ITS
Foto: Ge.Ko2 (Blick ins BStU-Archiv Potsdam)
(ENDE) geschichtspuls/27.08.2008/mar