Vor 170 Jahren: Mit dem „Regulativ über die Beschäftigung jugendlicher Arbeiter in Fabriken“ vom 9. März 1839 beginnt die staatliche Sozialpolitik in Preußen. Das Mindestalter arbeitender Kinder wurde auf neun Jahre festgesetzt, die Arbeitszeit der unter 16jährigen auf zehn Stunden täglich beschränkt sowie ihr Einsatz für Nacht- und Sonntagsarbeit verboten. Zudem wurde die Beschäftigung Jugendlicher mit dem Nachweis rudimentärer Schulkenntnisse verknüpft. Ähnliche Regelungen wurden ein Jahr später auch in Bayern und Baden verabschiedet.
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Ausschlaggebend für das „preußische Regulativ“ waren weniger humanistische Gesichtspunkte als vielmehr Bedenken des Militärs über eine zunehmende Wehruntauglichkeit der Jugendlichen. So machte bereits 1828 der königlich preußische Generalleutnant Heinrich Wilhelm von Horn in seinem Landwehrgeschäftsbericht den preußischen König darauf aufmerksam, dass er wegen der in der Industrie verbreiteten Kinderarbeit und der dadurch verursachten „körperlichen Entartung“ nicht mehr das erforderliche Truppenkontingent aufbringen könne.
In den folgenden Jahrzehnten wurden die Beschränkungen der Kinderarbeit zunehmend verschärft. Das Kinderschutzgesetz von 1903 verbot schließlich im Deutschen Reich die Arbeit der unter 12jährigen im Handel und der unter 14jährigen in Industrie und Gewerbe. Jedoch war der Erfolg der Kinderschutzgesetze begrenzt. In der Land- und Forstwirtschaft war Kinderarbeit gar nicht geregelt; in Gruben, Walzwerken oder Glashütten wurden zahlreiche Ausnahmen zugelassen oder Übertretungen nachgesehen. Zudem waren die Strafen bei Nichteinhaltung eher gering. Grundsätzlich verboten wurde die Kinderarbeit in Deutschland erst nach 1945.
Mehr zum Thema:
Das preußische Regulativ von 1839 im Wortlaut (zeitspurensuche.de)
Nikolas Dörr: 165 Jahre Einschränkung der Kinderarbeit in Preußen (Uni Potsdam, .pdf-Datei)
Stichwort Kinderarbeit (Virtuelles Museum der deutsch-dänischen Grenzregion)
Kinderarbeit heute (terre des hommes)
Quellen: siehe Links
(ENDE) geschichtspuls/09.03.2009/mar
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