Mit dem kaiserlichen „Gesetz über den Verkehr mit Kraftfahrzeugen vom 3. Mai 1909“ schlug die Geburtsstunde des amtlichen Führerscheins. Es war die erste rechtsverbindliche Regelung für das gesamte Deutsche Reich. Bis dahin war der Gültigkeit der „Prüfungsatteste für Explosionsmotoren“ oder „Motorwagen-Erlaubnis-Scheine“ auf einzelne Fürstentümer beschränkt – in den Nachbarprovinzen drohten den Fahrern eine Verhaftung und auch die Beschlagnahme ihrer Autos.
Somit hat es mehr als 20 Jahre gedauert, bis für die von Gottlieb Daimler und Carl Benz angestoßenen Fahrzeuge eine einheitliche Verkehrsordnung geschaffen und umgesetzt wurde. Die Ausführungsbestimmung des Gesetzes berücksichtigte dabei schon alles, was das Automobil betraf: Führerschein, Zulassung, Betriebserlaubnis, Kfz-Steuer, das Mitführen von Anhängern, technische Überwachung und Statistik. 1910 wurde dann die „Sammelstelle für Nachrichten über Führer von Kraftfahrzeugen“ geschaffen – der Vorläufer des heutigen Kraftfahrt-Bundesamtes.
„Wer auf öffentlichen Straßen oder Plätzen ein Kraftfahrzeug führen will, bedarf der Erlaubnis der zuständigen Behörde. Die Erlaubnis gilt für das gesamte Reich; sie ist zu erteilen, wenn der Nachsuchende seine Befähigung durch eine Prüfung dargetan hat und nicht Tatsachen vorliegen, die die Annahme rechtfertigen, dass er zum Führen von Kraftfahrzeugen ungeeignet ist. Den Nachweis der Erlaubnis hat der Führer durch eine Bescheinigung (FÜHRERSCHEIN) zu erbringen.“
§2 der „Verordnung über den Verkehr mit Kraftfahrzeugen“
Übrigens: Bis Ende der 1950er Jahre galt Autofahren in der Bundesrepublik als Männer-Sache. Begehrte eine Frau den „grauen Lappen“, war sie auf den guten Willen des Herrn Gemahls angewiesen – ohne seine Erlaubnis blieb der Göttergattin der Führerschein verwehrt. Das änderte sich erst am 1. Juli 1958 mit Inkrafttreten des „Gesetzes über die Gleichberechtigung von Mann und Frau auf dem Gebiet des bürgerlichen Rechts“. Frauen erhielten also eher das Wahlrecht (schon 1919) als ohne die Einwilligung des Mannes den Führerschein machen zu dürfen!
Ausstellung „100 Jahre Führerschein“ im Düsseldorfer Meilenwerk
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Dieses und vieles Wissenswerte rund um die Geschichte der Fahrerlaubnis veranschaulicht die Ausstellung „100 Jahre Führerschein“ im Düsseldorfer Meilenwerk. Auf und 300 Quadratmetern gibt es unter anderem über 100 historische Führerscheine, Emaille-Straßenschilder mit Werbeaufdrucken, Zeiger-Ampeln, Fahrschul-Modelle und alte Verkehrsfilme. Bildtafeln erzählen die Geschichte des Führerscheins und die Entwicklung der Fahrschulen im Laufe der Epochen. So erfährt man unter anderem, dass es in der DDR bis 1982 gar keinen Führerschein gab: Aufgrund des negativ besetzten Wortes „Führer“ hieß er dort erst „Fahrerlaubnis“.
In der Ausstellung finden sich auch teils sehr seltsam anmutende Dokumente aus über 100 Jahren Mobilität. Der älteste Fahrausweis – eine Velociped-Karte für eine Radfahrerin – stammt aus dem Jahr 1896. Damals schrieb ein gewisser Dr. med. Warmwickler: „Auf Grund meiner fünfzigjährigen Praxis erkläre ich die seit zwei Jahren aufkommende Radfahrmanie der Damen schlechthin für Massenselbstmord.“
Ausstellung: „100 Jahre Führerschein“, zu sehen noch bis Ende Mai 2009 im Meilenwerk Düsseldorf.
Der Eintritt ist frei.
Mehr zur Geschichte des Führerscheins:
Die bewegende Lizenz (Süddeutsche Zeitung)
Der Führerschein wird 100 Jahre alt (Auto Motor und Sport)
Der Lappen vom Dampfkessel-Überwachungsverein (stern.de)
Deutschland feiert 100 Jahre Führerschein (shz.de)
Bildershow: 100 Jahre Führerschein (WDR Mediabox)
Quelle: Tüv Rheinland, TÜV Nord, zudem siehe Links
Bild: Ge.Ko2
(ENDE) geschichtspuls/03.05.2009/mar
Guter Beitrag. Schön, dass auch mal jemand ein bisschen mehr über die Düsseldorfer Ausstellung schreibt.
Mich hat das Thema heute auch beschäftigt:
http://tonwertkorrekturen.wordpress.com/2009/05/03/fahrerlaubnis/
Godwi
Wenn man bedenkt wie hart mittlerweile die Prüfungsbedingungen geworden sind, hat sich sehr viel getan. Die letzten 100 Jahre :-).
Absolut spannend, was man noch nicht weiß. Allein der Ausdruck „Prüfungsatteste für Explosionsmotoren“ ist schon zum Schreien, aber dann stelle man sich mal vor, man dürfte heutzutage nur in seinem Land (oder sogar Bundesland) Auto fahren und an der Grenze wäre Schluss. Gut, dass sich die moderne Zeit so schnell entwickelt (abgesehen von den Frauenrechten, die immer schon zu kurz gekommen sind).