Neuerscheinung

"Hitler, Mein Kampf. Eine kritische Edition"

By | 8. Januar 2016

70 Jahre nach Adolf Hitlers Todesjahr sind die Urheberrechte an dessen Buch „Mein Kampf“ erloschen. Aus diesem Grund veröffentlicht das Institut für Zeitgeschichte (IfZ) am 8. Januar 2016 eine erstmals wissenschaftlich kommentierte Gesamtausgabe: „Hitler, Mein Kampf. Eine kritische Edition“ will die historischen Fakten einordnen, den Entstehungskontext des Buches erklären, Hitlers gedankliche Vorläufer offenlegen und seine Behauptungen mit den Ergebnissen der modernen Forschung kontrastieren.

Mein Kampf – kritische EditionDie „kritische Edition“ des IfZ von „Mein Kampf“
(Bild: Institut für Zeitgeschichte)

In intensiver dreijähriger Arbeit hat ein Historikerteam um Dr. Christian Hartmann den gesamten Text des Originalwerkes auseinandergenommen und Aussage für Aussage kritisch geprüft. Im Ergebnis ergaben sich für beide Bände von „Mein Kampf“ insgesamt über 3.700 Anmerkungen. Diese wissenschaftlichen Kommentare erklären zum einen zentrale ideologische Begriffe und die ideengeschichtlichen Wurzeln von Hitlers Weltanschauung. Zum anderen liefern sie Hintergrundformationen zu erwähnten Personen und Ereignissen, beschreiben Hitlers Quellen und korrigieren falsche oder einseitige Darstellungen. Zudem widmen sie sich Übereinstimmungen und Widersprüchen zwischen Hitlers Schrift und der von ihm verfolgten nationalsozialistischen Politik ab 1933. In der fast 2.000-seitigen Edition des Instituts für Zeitgeschichte ist die Erstausgabe von „Mein Kampf“ im originalen Seitenumbruch abgebildet. Eingerahmt, fast schon eingekreist, wird dieser Text von den Anmerkungen und Kommentaren der Historiker.
Das Editionsprojekt des Instituts für Zeitgeschichte versteht sich als Beitrag zur historisch-politischen Aufklärung. „Es wäre schlicht unverantwortlich, dieses Konvolut der Unmenschlichkeit gemeinfrei und kommentarlos vagabundieren zu lassen, ohne ihm eine kritische Referenzausgabe entgegenzustellen, die Text und Autor gewissermaßen in die Schranken weist“, erläutert Prof. Dr. Andreas Wirsching, Direktor des Instituts für Zeitgeschichte. Um ein deutliches Signal gegen jegliches kommerzielles Interesse im Umgang mit einer Neuauflage Hitlers zu setzen, wurde „Hitler, Mein Kampf. Eine kritische Edition“ vom Institut für Zeitgeschichte bewusst im Eigenverlag veröffentlicht. Dabei habe man den Preis gezielt so niedrig gehalten, dass die Edition nicht nur dem wissenschaftlichen Fachpublikum offensteht, sondern auch eine breite Öffentlichkeit erreicht. „Allein auf diese Weise kann sie den aufklärerischen Auftrag der Wissenschaft erfüllen und zugleich zur dringend erforderlichen Entmystifizierung dieser Grundschrift des Nationalsozialismus beitragen“, so Wirsching. Ob allerdings ein Preis von 59 Euro wirklich das Lese-Interesse einer „breiten Öffentlichkeit“ wecken kann, erscheint jedoch fraglich.

Mein Kampf, Bild der ErstausgabeAdolf Hitlers „Mein Kampf“, Originalausgabe
(Bild: IfZ/Alexander Markus Klötz)

Hintergrund: Hitlers „Mein Kampf“

Den ersten Teil von „Mein Kampf“ schrieb Adolf Hitler 1924 während seiner Inhaftierung in der oberbayerischen Festung Landsberg am Lech nach dem gescheiterten Hitlerputsch. Er nutzte damit die Gefängniszeit, um erstmals sein politisches Weltbild schriftlich niederzulegen und der in Folge des Putsches zeitweilig verbotenen NSDAP eine neue Perspektive zu geben. Am 18. Juli 1925 erschien das Werk mit dem kernigen Untertitel „Eine Abrechnung“. Der zweite Band wurde am 11. Dezember 1926 veröffentlicht.
Mit der politisch-ideologischen Programmschrift strebte Hitler laut Vorwort an, nicht nur die Ziele der nationalsozialistischen Bewegung klarzulegen, sondern auch ein Bild der Entwicklung derselben zu zeichnen. Während der erste Band stark stilisiert Hitlers Werdegang nachzeichnet, beschreibt der zweite Band seine politische Programmatik für die NSDAP. Damit ist „Mein Kampf“ Autobiografie, ideologisches Programm, Parteigeschichte, Hetzschrift und Anleitung zur Erringung der Macht in einem, wie das IfZ urteilt.
Mit der Ernennung Hitlers zum Reichskanzler am 30. Januar 1933 schnellten die Verkaufszahlen seines Werkes rasch in die Höhe und machten das Buch zum Bestseller: Bis 1945 wurden laut IfZ über 12 Millionen Exemplare verkauft, zudem war die „Bibel der Nationalsozialisten“ in 18 Sprachen übersetzt worden. Nach dem Untergang des Dritten Reiches übertrugen die alliierten Siegermächte die Rechte an „Mein Kampf“ dem Freistaat Bayern. Seither nutzte die Bayerische Staatsregierung das Urheberrecht, um jede Neuauflage des Buches zu verhindern. Mit dem Erlöschen des Urheberrechts 70 Jahre nach dem Selbstmord Hitlers steht dieses juristische Instrument ab 2016 allerdings nicht länger zur Verfügung.

Linksammlung zur kritischen Edition von „Mein Kampf“

TV-Dokumentationen zum Thema

Quelle: IfZ, zudem siehe Links
Bilder: IfZ
(Ende) geschichtspuls/08.01.2016/mar (zuletzt aktualisiert am 11. Januar 2016)