Mit einem Aufruf an das Deutsche Volk wurde am 12. November 1918 die Geburtsstunde für das Frauenwahlrecht in Deutschland eingeläutet. „Alle Wahlen zu öffentlichen Körperschaften sind fortan nach dem gleichen, geheimen, direkten, allgemeinen Wahlrecht … für alle mindestens 20 Jahre alten männlichen und weiblichen Personen zu vollziehen„, hieß es darin. Mit der „Verordnung über die Wahlen zur Verfassungsgebenden deutschen Nationalversammlung (Reichswahlgesetz)“ vom 30. November 1918 wurde das aktive und passive Frauenwahlrecht dann gesetzlich fixiert.
Wahlplakat zum Schweizer Frauenstimmrecht (national beschlossen 1971) |
Mit der Wahl der Deutschen Nationalversammlung am 19. Januar 1919 konnten Frauen in Deutschland erstmals auf nationaler Ebene ihr Wahlrecht nutzen – und sie taten das mit einer großen Mehrheit. 82 Prozent der wahlberechtigten Frauen gaben ihre Stimme ab, 37 weibliche Abgeordnete zogen ins Parlament ein. (Erst zehn Jahre zuvor hatte das Reichsvereinsgesetz vom 15. Mai 1908 Frauen den Beitritt zu Parteien erlaubt.)
Als erste weibliche Abgeordnete ergriff am 19. Februar 1919 Marie Juchacz in der Weimarer Nationalversammlung das Wort. Nachdem ihre Anrede „Meine Damen und Herren“ damals noch für Heiterkeit gesorgt hatte, unterstrich Juchacz die Selbstverständlichkeit ihrer Anwesenheit im Parlament: „Es ist das erste Mal, dass in Deutschland die Frau als Freie und Gleiche im Parlament zum Volke sprechen darf. (…) Ich möchte hier feststellen und glaube damit im Einverständnis vieler zu sprechen, dass wir deutschen Frauen dieser Regierung nicht etwa in dem althergebrachten Sinne Dank schuldig sind. Was diese Regierung getan hat, das war eine Selbstverständlichkeit: sie hat den Frauen gegeben, was ihnen bis dahin zu Unrecht vorenthalten worden ist.“ (Rede der Reichstagsabgeordneten Juchacz im Wortlaut)
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Rückschritt im Nationalsozialismus
Die NSDAP hatte sich bereits 1921 – ein Jahr nach der Parteigründung – darauf festgelegt, Frauen weder in die Parteiführung noch in ihren „leitenden Ausschuss“ aufzunehmen. Nach dem Machtantritt 1933 wurden mehrere Gesetze verabschiedet, die Frauen aus den gehobenen Berufen verdrängten, Anreize für das Aufgeben der Erwerbsarbeit zugunsten einer Tätigkeit als Hausfrau und Mutter setzten sowie Frauen auch das passive Wahlrecht (d.h. die Wählbarkeit) entzogen. Nach dem Ende des Zweiten Weltkrieges wurde dann in beiden deutschen Staaten das Gleichberechtigungsprinzip – und damit auch wieder das aktive und passive Wahlrecht – im Grundgesetz verankert.
Heute beträgt der Frauenanteil im Bundestag mit 197 von 612 Abgeordneten 32,2 Prozent. In der Regierung führen Frauen sechs von 14 Ministerien. Und mit Angela Merkel hat Deutschland mittlerweile auch die erste Bundeskanzlerin.
Nachtrag vom 19. Januar 2009: Zum Thema gibt’s jetzt auch ein kostenloses eBook von der Friedrich-Ebert-Stiftung: Her mit dem Frauenwahlrecht
Mehr zum Frauenwahlrecht
Dossier zur Frauenbewegung (bpb)
Ein Schritt zur Gleichberechtigung: 100 Jahre Reichsvereinsgesetz (Deutschlandradio)
Jahr der Einführung des Frauenwahlrechts in verschiedenen Ländern (frauennews.de) – vgl. teilweise variierende Angaben bei wikipedia
Das Frauenwahlrecht (private Seite)
Quelle: siehe Links, zudem Friedrich Ebert-Stiftung und CDU/CSU
Bild: via wikipedia
(ENDE) geschichtspuls/11.11.2008/mar
Ich muss sagen, dass ich es sehr gut finde, dass man immer mehr versucht die Frauen als Gleichberechtigt anzusehen. Ich glaube auch, dass dies ein sehr wichtiger Tag war, an dem wir das Frauenwahlrecht bekommen haben. Ich hoffe auch, dass es irgendwann so sein wird, dass die Frauen in allen Ländern und in jeder Provinz gleichberechtigt behandelt werden. Das wäre ein sehr großer Schritt für die Menschheit. Allerdings glaube ich nicht, dass es passieren wird. Wie seht ihr das denn hier so?
Hallo Heike,
ich kann mich Deinen Hoffnungen nur anschließen. Wie schwer die Einführung eines Frauenwahlrechts aber sein kann, zeigt sich schon in meiner Schweizer Wahlheimat (als Beispiel für eine „westliche“ Demokratie: Erst 1971 wurde hier landesweit das Frauenwahlrecht eingeführt, für den Halbkanton Appenzell- Innerrhoden sogar erst 1990 – und das auch nur auf Druck des Bundesgerichts nach einer Verfassungsklage einiger Frauen.
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Ich glaube, dass das Wahlrecht für die Damen in unserer Gesellschaft sehr wichtig war. Wenn ich mir das heute so ansehe. Stellt euch mal vor das wäre nicht so gewesen. Dann würden wir wahrscheinlich die Damen nicht so hoch oben in der Politik sehen. Und auch in den großen Firmen würden sie keine hohen Posten besetzen dürfen. Ich möchte mir gar nicht vorstellen, wie das denn wäre, wenn die Damen dieses Recht nicht bekommen hätte. Ich hoffe, dass die Frauen weiterhin ihre Rechte bekommen und auch wahrnehmen.
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