Nach zwei Jahren Recherchezeit hat das Robert Koch-Institut (RKI) die Ergebnisse des Forschungsprojektes „Das Robert Koch-Institut im Nationalsozialismus“ vorgestellt. Aufgrund seiner zentralen Stellung in der staatlichen Gesundheitsverwaltung – zwischen 1935 und 1942 auch als Teil des Reichsgesundheitsamtes – war das Institut erheblich in die nationalsozialistische Gewaltpolitik involviert, so das kurz gefasste Fazit.
Die Beteiligung von RKI-Wissenschaftlern und dem Institut verbundenen externen Forschern an inhumanen Menschenversuchen in Konzentrationslagern und psychiatrischen Einrichtungen waren im Vorfeld bereits bekannt. Durch das Forschungsprojekt kamen jedoch eine Reihe neuer Namen und Taten ans Licht. Deutlich geworden ist vor allem die damalige fast vollständige Durchdringung des Robert-Koch-Instituts mit der NS-Ideologie, forschungsthematisch und personell. Durch eine Entlassungswelle drei Monate nach der Machtergreifung 1933 verlor das RKI praktisch seinen kompletten wissenschaftlichen Mittelbau. Die Wissenschaftler mussten auswandern, einer musste sich zeitweise verstecken. Auch die Führungsebene wurde umgebaut. Nach einigen Jahren waren der Direktor und fast alle Abteilungsleiter in der Partei.
Fälle von Zivilcourage, von Protestbekundungen gegen das staatliche, das institutionelle und das individuelle Vorgehen wurden nicht gefunden. Die Medizinhistoriker haben aus Arbeitszeugnissen lediglich das Bemühen ersehen können, Mitarbeitern durch eine positive Beurteilung den Weg in eine neue Stelle – in der Regel im Ausland – zu erleichtern. „Wir hatten uns mehr Courage erhofft“, gestand RKI-Präsident Jörg Hacker.
Die Untaten sollen nicht in Vergessenheit geraten. Sie sind unter anderem in einer Monografie zu den Forschungsergebnissen (Annette Hinz-Wessels, „Das Robert Koch-Institut im Nationalsozialismus“, Kulturverlag Kadmos, Berlin, 2008) festgehalten. Außerdem soll es ein Objekt des Gedenkens und Erinnerns auf dem Gelände des Robert Koch-Instituts geben. „Die wichtigste Lehre ist, dass jeder Einzelne Rückgrat beweisen muss. Diskriminierung und emotionale Verrohung, Schutz von Tätern oder eine Unterscheidung in wertvolle und weniger wertvolle Menschen dürfen wir nie hinnehmen“, unterstrich Hacker.
Mehr zum Thema:
Stellungnahme von RKI-Präsident Hacker zu den Forschungsergebnissen (.pdf-Datei)
Geschichte des Robert Koch-Instituts
Quelle: Robert Koch-Institut
(ENDE) geschichtspuls/02.10.2008/mar