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Erster Weltkrieg: Der Kriegsbeginn in der Zeitung (III)

By | 6. August 2009

Hier nun der dritte und letzte Teil über Zeitungsberichte zum Beginn des Ersten Weltkrieges im Sommer 1914. Darin geht es vor allem um den Kriegseintritt Englands und die Eroberung Belgiens, aber auch darum, wie eine Frau ihrem Mann im Feld schreiben soll.

Dieser Beitrag ist Teil einer kleinen Serie über den Ersten Weltkrieg:
1. – Der Erste Weltkrieg 1914-1918
2. – Erster Weltkrieg: Der Kriegsbeginn in der Zeitung, Teil I
3. – Erster Weltkrieg: Der Kriegsbeginn in der Zeitung, Teil II
4. – Erster Weltkrieg: Der Kriegsbeginn in der Zeitung, Teil III
5. – Materialsammlung: Informationen zum Ersten Weltkrieg im Internet (in Vorbereitung)

Bitte beachten: Die (unkommentierten) ausschnittsweisen Zeitungsauszüge sollen als Zeitdokumente einen Einblick geben in die Propaganda und die Stimmung im Deutschen Reich zu Beginn des Ersten Weltkrieges. Keinesfalls können sie die nachträgliche historische Betrachtung der Ereignisse und ihre komplexe Einordnung ersetzen. Hierfür sei als erster Einstieg die Online-Darstellung des Deutschen Historischen Museums sowie der umfangreiche wikipedia-Artikel empfohlen.

Nun also auch England.

»Schamlos und unverfroren tritt England zu unseren Feinden über, erklärt uns unter einem unerheblichen Vorwand den Krieg. Sir Edward Grey, der glattzüngige englische Minister des Äußeren, wand sich Dienstag im britischen Parlament, um eine Art Entschuldigung für die unerhörte Anmaßung Englands zu erfinden. Während dieses vor aller Welt offenkundig als Heuchelei dastehenden Beginnens trug der englische Botschafter in Berlin die Kriegserklärung schon in der Tasche und überreichte sie fast ohne Förmlichkeit, nachdem ihm unser Staatssekretär des Äußeren v. Jagow gesagt hatte, was er sagen musste –: das englische Begehren nach der Achtung der Neutralität Belgiens können wir nur insoweit erfüllen, als wir nach dem Kriege Belgien vollauf für die Unantastbarkeit seines Gebietes und aller Rechte garantieren. Denn Frankreich stand auf dem Sprung, über Belgien her uns in die Flanke zu fallen, also ist es unsere Aufgabe, dem zuvorzukommen – nicht allein unsere Aufgabe, sondern unsere verdammte Pflicht und Schuldigkeit. Das betonte unser Kanzler, das antwortete Herr v. Jagow, das fordert Logik und Selbsterhaltung. Aber England will nicht unsere Selbsterhaltung; unter dem erbärmlichsten Vorwand drängt es sich förmlich in die Reihen unserer Feinde. Möge für dieses fluchwürdige Verbrechen Verderben auf sein Haupt fallen. Was wir dazu tun können, soll geschehen!
(…)
Jetzt ist also die Situation klar. England wäre doch, selbst wenn es sich vorsichtigerweise während des Krieges ruhig verhalten hätte, nachher auf dem Plane erschienen und hätte seine Ansprüche gestellt. Es ist schon besser, wenn es auch die Gefahren, die Sorgen und hoffentlich auch Niederlagen teilt. Selbstverständlich haben unsere militärischen Autoritäten mit der Aussicht auf Englands Eingreifen gerechnet und sind nicht überrascht worden. Unsere Ostseeflotte wird nun nicht allein gegen russische Häfen vorzugehen brauchen, sondern auch in der Nordsee Arbeit bekommen.
(…)
Bayerns König zu Englands Kriegserklärung.
Als der greise König Ludwig von Bayern erfuhr, dass England den Krieg an Deutschland erklärt habe, sprach er ein markiges Wort, das in ganz Deutschland widerhallen wird:
‚Ein Feind mehr und damit ein Grund mehr, uns bis zum letzten Atemzug zusammenzuschließen. Unsere Sache ist gerecht; Gott wird uns nicht verlassen.’«
(Tageblatt für Thale am Harz und Umgegend, Sonnabend, 8. August 1914)

Wir beschießen algerische Häfen.

»Das deutsche Marineamt verbreitet das nachstehende amtliche Telegramm vom 5. August:
‚Die im Mittelmeere befindlichen deutschen Kriegsschiffe sind gestern an der Küste von Algier erschienen und haben einzelne befestigte Plätze, die Einschiffungsorte für die französischen Truppentransporte sind, zerstört. Das Feuer wurde erwidert.‘
Den Franzosen wird sicherlich die Schnelligkeit und das todesmutige Draufgängertum unserer braven Seeleute einen recht empfindlichen Schrecken eingejagt haben. Der Aufmarsch der französischen Armee ist durch das unerschrockene Eingreifen unserer Kreuzer zweifellos erheblich gestört worden.«
(Tageblatt für Thale am Harz und Umgegend, Sonnabend, 8. August 1914)

Ganz Belgien in deutschem Besitz.

Kein falsches Mitleid.
[vgl. zu den Hintergründen für den Einmarsch in Belgien: Der Schlieffen-Plan]
»Nun ist ganz Belgien in unseren Händen. Endlich, nach zwei und einem halben Monate. Beinahe ein Vierteljahr hat uns der wahnsinnige Widerstand dieses Kleinstaates aufgehalten, sonst ständen wir jetzt schon in Paris und begännen die Abrechnung mit England!
Nun aber fest bleiben. Ein Staat wie Belgien, der sich von allen Großmächten die Neutralität zusichern lässt (Londoner Konferenz 6. Oktober 1831), damit also erklärt, in keinen Krieg eingreifen zu wollen, der aber trotzdem mit zwei Mächten, England und Frankreich, ein Bündnis eingeht, hat seine Daseinsberechtigung verwirkt. Es ist jetzt bewiesen, dass die Pläne schon jahrelang fertig waren, die den Franzosen und den Engländern das belgische Land zum Kriege gegen Deutschland zur Verfügung stellten.«
(Tageblatt für Thale am Harz und Umgegend, Sonntag, 18. Oktober 1914)

Die deutsche Mannszucht.

»Der Bürgermeister der seit fast zehn Wochen von deutschen Truppen besetzten Stadt Wemmel [Belgien] hat an den Generalgouverneur Freiherrn v.d. Goltz ein Schreiben gerichtet, in dem er das Verhalten der deutschen Truppen als durchaus tadellos bezeichnet und in wärmsten Worten die Gerechtigkeitsliebe und entgegenkommende menschenfreundliche Haltung des Platzkommandanten Oberstleutnants v. B. hervorhebt. Die Bevölkerung Wemmels, welche durch dieses Vorgehen von tiefster Dankbarkeit erfüllt sei, sehe deshalb der Zukunft vertrauensvoll entgegen.«
(Tageblatt für Thale am Harz und Umgegend, Sonntag, 18. Oktober 1914)

Wie soll die Frau ins Feld schreiben?

»Die Briefe, die unsere Frauen in das Feld schicken, sollen einen Ausdruck der Zuversicht und der Hoffnung sein. Sie sollen wiedergeben, wie unverzagt die deutschen Frauen hoffen und harren, wie ungebeugt sie das Geschick tragen. Jede deutsche Frau soll sich täglich einmal sagen: ‚Draußen ist der Krieg,‘ dann wird sie auch leicht und freudig überwinden, was das Schicksal ihr zu tragen auferlegt hat. Man muss bei den Briefen, die man hinausschickt, daran denken, dass der Mann vor allen Dingen unendlich weit weg ist. Deutsche Frauen, zeigt, dass ihr wisst, warum es sich handelt. Schreibt eurem Manne nichts von Sorgen, beweist ihm eure Liebe, indem ihr ihm zeigt, dass ihr die Lasten des Daseins auch allein auf euren Schultern tragen könnt. Macht keinem Kämpfenden das Leben schwer, keinem, der draußen verwundet liegt, die Krankheit zur Last. Schreibt vertrauensvoll und freudig.
(Tageblatt für Thale am Harz und Umgegend, Dienstag, 27. Oktober 1914)

(Weiter zum Überblicksartikel Erster Weltkrieg oder zur historischen Presseschau Teil 1 und Teil 2.)


Quelle: Stadtarchiv Thale, Tagesanzeiger für Thale a.H. und Umgegend August/Oktober 1914
(ENDE) geschichtspuls/06.08.2009/mar