Führende Köpfe der MAN-Geschichte

By | 17. Oktober 2008

Die Menschen, die MAN prägten, haben mit ihren technischen Ideen und ihren unternehmerischen Leistungen auch ihre jeweilige Epoche beeinflusst. Von den frühen Firmengründungen bis zum heutigen Konzern wurde MAN immer wieder von Persönlichkeiten nach vorn gebracht, die in ihrer Zeit neue Wege suchten. Ob innovative Unternehmer, Manager oder Erfinder – hier eine kleine Übersicht der führenden Köpfe aus 250 Jahren MAN-Geschichte.

Dieser Beitrag ist Teil einer Serie zu 250 Jahren MAN:
1 – 250 Jahre MAN, 250 Jahre deutsche Industriegeschichte
2 – Chronologie: Wegmarken aus 250 Jahren MAN-Geschichte
3 – Starthilfe für eine Erfindung: MAN und Rudolf Diesel
4 – Führende Köpfe der MAN-Geschichte
5 – 250 Jahre MAN: Sonderausstellung im Deutschen Museum

Franz Ferdinand von Wenge – der Hüttenpionier
Als Franz Ferdinand von Wenge am 18. Oktober 1758 im Ruhrgebiet bei Osterfeld die „St. Antony Hütte“ in Betrieb nehmen ließ, konnte er noch nicht wissen, dass er damit den Grundstein für ein Vierteljahrtausend MAN-Unternehmensgeschichte legte. Zeit für derart weitreichende Gedanken dürfte Wenge ohnehin nicht geblieben sein, denn der Gründer musste sich um drängende, kurzfristige Fragen kümmern: Es galt, fähige Arbeiter zu finden, Beimischungen für das nur schwer verwendbare örtliche Erz auszuprobieren und den Holznachschub zu sichern. Der Durchbruch kam ein halbes Jahrhundert später durch den Zusammenschluss von St. Antony mit den nahe gelegenen Hütten Neu Essen und Gute Hoffnung.
Ludwig Sander – der Kaufmann mit Erfolgsgespür
Ludwig Sander, geboren 1790, gründete 1840 in Augsburg das erste Vorläuferunternehmen von MAN in Süddeutschland, die „Sander’sche Maschinenfabrik“. Sander, ein einflussreicher, vermögender Kaufmann, war an allen wichtigen Unternehmen im Augsburger Raum beteiligt und hatte ein ausgeprägtes Gespür fürs Geschäft, so auch in diesem Fall: Seine neu gegründete Fabrik belieferte vor allem eine ortsansässige Textilfabrik, wodurch der Absatz gesichert war. Aus der Sander’schen Maschinenfabrik wurde später zunächst die C. Reichenbach’sche Maschinenfabrik (benannt nach dem Druckmaschinenpionier Carl August Reichenbach) und später die Maschinenfabrik Augsburg.
Anton von Rieppel – Industriekapitän und Baumeister
Als die 1841 in Nürnberg gegründete Eisengießerei und Maschinenfabrik Klett & Comp 1898 aus dem Familienbesitz verkauft werden sollte, bewies ihr Direktor Anton von Rieppel Mut zu unkonventionellem Verhalten: Auf eigene Faust wandte er sich in einem privaten Brief an Heinrich von Buz, den Direktor der Augsburger Maschinenfabrik und schlug ihm ein Zusammengehen beider Fabriken vor. Von Buz willigte ein. Beide Unternehmen gingen in der „Maschinenfabrik Augsburg-Nürnberg“ – dem Namensgeber für das spätere Kürzel MAN – auf.
Die unkonventionelle Vorgehensweise passt ins Gesamtbild des 1852 geborenen und 1906 für seine Verdienste geadelten von Rieppel. Er steht für den Übergang von der alten patriarchalischen zur modernen Unternehmenskultur, gilt als früher „Industriekapitän“. Von Rieppel stellte die Weichen für den Lastwagenbau. Er sagte schon 1915: „Die M.A.N. muss auf Räder gestellt werden.“ Damals wurden die ersten M.A.N.-Lkw noch mit Ottomotoren gebaut, da der Dieselmotor noch zu groß für Straßenfahrzeuge war. Von Rieppel, der an der Technischen Hochschule München Ingenieurwissenschaften studiert hatte, war auch ein legendärer Konstrukteur und Baumeister: Von ihm stammen nicht nur Wehranlagen und Schleusen, sondern auch der Entwurf für die bis heute beeindruckende Müngstener Eisenbahnbrücke, die zwischen 1893 und 1897 erbaut wurde. Von Rieppel war es auch, der die WuppertalerDresdner Schwebebahnen zum Schweben brachte – er entwickelte die neuartigen Träger für das Gerüst, die er sich unter dem Namen „Rieppel-Träger“ patentieren ließ.
Heinrich von Buz – Direktor für ein halbes Jahrhundert
Genau gesagt waren es 49 Jahre: Von 1864 bis 1913 war Heinrich von Buz Direktor, erst in der Maschinenfabrik Augsburg, dann in der fusionierten Maschinenfabrik Augsburg und Nürnberg. Der 1833 geborene von Buz, der von seinem Vater die Direktorenposition und viel Vorwissen übernommen hatte, machte aus der überschaubaren Fabrik mit 400 Arbeitern ein Großunternehmen mit 12.000 Beschäftigten. Zu seinem Erfolgsrezept gehörte eine ausgeprägte Offenheit gegenüber neuen Technologien. Direktor Heinrich von Buz ließ die Rotationsdruckmaschine bauen, die Kältemaschine Carl von Lindes – und er ließ sich 1892 auf eine der erfolgreichsten technischen Kooperationen der Neuzeit ein: die Zusammenarbeit mit dem Erfinder Rudolf Diesel.
Rudolf Diesel – der geniale Tüftler
Der 1858 als Sohn deutscher Eltern in Paris geborene Erfinder fiel schon früh durch Spitzenleistungen auf: Die Gewerbe- und die Industrieschule schloss er als Jahrgangsbester ab, und die Technische Hochschule München verließ er 1880 mit dem besten Ergebnis seit Hochschulgründung. Dennoch erwies sich der Start seines „rationellen Wärmemotors“ als nicht ganz so einfach. Rudolf Diesel präsentierte Heinrich von Buz seine Idee zum ersten Mal im März 1892, musste aber zunächst einige wichtige technischen Details überarbeiten. Auf eine zweite Version ließ sich von Buz einige Wochen später im April ein.
Heinrich von Buz war der einzige, der das Potential von Diesels Plänen zu diesem Zeitpunkt richtig einordnete. Von anderen bedeutenden Unternehmen wie Mannesmann und Deutz erhielt der Erfinder zunächst nur Absagen. Von 1893 bis 1897 entwickelten die Ingenieure von MAN gemeinsam mit Diesel im Labor der Maschinenfabrik Augsburg seinen „Wärme-Motor, Patent Diesel“. Wenige Jahre später kamen verbesserte Versionen auf der ganzen Welt zum Einsatz. Diesel konnte den weltweiten Siegeszug seiner Erfindung aber nicht lange miterleben: 1913 verschwand er bei einer Schiffspassage nach London, die Umstände seines Todes sind bis heute ungeklärt.
Paul Reusch – der Industrielle abseits der Parteipolitik
Der 1868 geborene Paul Reusch gehört wohl zu den schillerndsten Unternehmerpersönlichkeiten, die die Konzerngeschichte geprägt haben. Reusch war durch und durch Industrieller. Es gelang ihm als Vorstandsmitglied ab 1905 und später als Generaldirektor der Oberhausener Gutehoffnungshütte (GHH), das bis dahin regional im Ruhrgebiet arbeitende Unternehmen zu einem deutschlandweit operierenden Konzern auszubauen. Politisch war Reusch konservativ-nationalistisch ausgerichtet. Er lehnte die Weimarer Republik ab, ließ sich dann aber auch nicht von den Nationalsozialisten in seinen Konzern hineinreden. Im Dritten Reich produzierte der GHH-Konzern Rüstungsgüter, aber Reuschs Verhältnis zu den nationalsozialistischen Machthabern blieb ambivalent. 1942 musste er auf Druck des Regimes die GHH-Leitung wie auch eine Reihe weiterer Posten abgeben. Mitglied der NSDAP wurde Reusch nie.
Otto Meyer – der Mann, der den Lkw ins Rollen brachte
Otto Meyer, der einen unkomplizierten, klaren Umgangston pflegte und wenig Wert auf die in der damaligen Unternehmenshierarchie üblichen Floskeln legte, brachte die LKW-Produktion bei MAN ins Rollen. Der Aufbau und die Entwicklung dieser Sparte ist maßgeblich Otto Meyers weitsichtigen betriebswirtschaftlichen Entscheidungen zu verdanken. Technisch war dies durch Rudolf Diesels Vorarbeit möglich geworden: 1924 wurde der erste Diesel-LKW mit Direkteinspritzung gebaut. Wie Paul Reusch hatte auch der 1882 geborene Otto Meyer, MAN-Vorstand ab 1925, ein problematisches Verhältnis zu den Nationalsozialisten. Meyer, mit einer jüdischen Frau verheiratet, weigerte sich ebenfalls, in die NSDAP einzutreten.
Klaus Götte – der Konzernarchitekt
Dem 1932 geborenen Niedersachsen verdankt der MAN-Konzern seine heutige Grundstruktur: Dr. Klaus Götte machte aus der verschachtelten Unternehmensgruppe, die in der Nachkriegsgeschichte entstanden war, einen Vertragskonzern mit Hauptsitz in München und rechtlich selbständigen Sparten-Gesellschaften an ihren angestammten Standorten. Dies war nicht die einzige zukunftsweisende Entscheidung des promovierten Juristen. Götte, der mehrere Jahrzehnte Führungserfahrung in großen deutschen Finanz-, Versicherungs- und Industrieunternehmen mitbrachte, setzte als MAN-Vorstandsvorsitzender von 1986 bis 1996 auf eine Kerngeschäft-Strategie und konzentrierte den Konzern zunehmend auf Fahrzeug- und Maschinenbau.
Håkan Samuelsson – Internationalisierung und Fokussierung
Seit 2005 lenkt Håkan Samuelsson die Geschicke des MAN-Konzerns als Vorstandsvorsitzender. In den ersten drei Jahren seines Vorstandsvorsitzes hat er die zwölf Konzernsparten auf vier reduziert. Dabei trennte sich das Unternehmen von allen Bereichen, die dem genannten Produktionsprofil Transport, Antrieb und Energie nicht entsprachen, so auch vom besonders traditionsreichen Zweig MAN Roland Druckmaschinen.

Quelle: MAN AG
(ENDE) geschichtspuls/17.10.2008/mar